Bei dem krisengeschüttelten Münchner Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) sind möglicherweise auch verbotene Insidergeschäfte abgeschlossen worden.

München. Bei dem krisengeschüttelten Münchner Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) sind möglicherweise auch verbotene Insidergeschäfte abgeschlossen worden. Die Münchner Staatsanwaltschaft prüfe bereits seit Februar diesen Verdacht, bestätigte Oberstaatsanwalt Anton Winkler einen Bericht des "Spiegels". Es habe entsprechende Anzeigen gegeben.

"Wir haben die BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) gebeten, den Sachverhalt zu überprüfen, die Antwort steht noch aus", sagte Winkler. "Wir beobachten, ob wir selbst neue Erkenntnisse bekommen. Vor allem warten wir aber das Ergebnis der BaFin ab." Dann werde sich zeigen, ob strafrechtlich relevantes Verhalten im Einzelfall vorgelegen habe und Ermittlungen gegen einzelne Personen wegen Insiderhandels aufgenommen werden müssten.

Mehreren Strafanzeigen zufolge sollen laut "Spiegel" HRE-Manager oder deren Familienangehörige und Freunde noch vor der ersten Alarmmeldung des Konzerns am 15. Januar im großen Stil HRE-Aktien abgestoßen haben. Damals hatte die Aktie der HRE innerhalb weniger Stunden ein Drittel an Wert verloren, nachdem das Institut völlig überraschend Millionenabschreibungen angekündigt hatte.

Der Konzern habe bis dahin jede nennenswerte Betroffenheit von der Finanzmarktkrise dementiert. Stattdessen werde HRE gestärkt aus den Verwerfungen des Finanzmarktes hervorgehen. Auf solche Aussagen stützten Anwälte betroffener Aktionäre vor Weihnachten ihr Vorgehen gegen das Unternehmen. Seinen Platz im Deutschen Aktienindex (DAX) musste der knapp an der Pleite vorbeigeschlitterte Immobilienfinanzierer am 22. Dezember wegen des Kursrutsches räumen. Ein HRE-Sprecher äußerte sich laut "Spiegel" nicht zu den Vorwürfen. Parallel zu den Überprüfungen wegen Insiderhandels untersucht die Anklagebehörde auch, ob die Führung des Konzerns die Lage später bewusst unrichtig dargestellt und ihre Vermögensbetreuungspflicht verletzt hat. Vor Weihnachten hatten 65 Polizisten, 15 Staatsanwälte und zwei Beamte der Finanzaufsicht BaFin wegen des Verdachts auf Marktmanipulationen und falsche Darstellungen nach dem Aktiengesetz HRE-Büros sowie Privaträume des Vorstands und von Ex-Aufsichtsratschef Kurt Viermetz durchsucht. Der jüngst von der Deutschen Bank an die Spitze der HRE gewechselte Banker Axel Wieandt sowie andere neue Führungskräfte waren von der Razzia nicht betroffen.

Umfangreiches Material sei beschlagnahmt worden, erklärte die Justiz später. Die Sicherung elektronischer Daten sowie die Auswertung der Unterlagen werde voraussichtlich mehrere Wochen dauern.

Wann über eine Anklage entschieden werden könne, sei noch offen, sagte ein Behördensprecher vor Weihnachten zu dem Fall. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft laufen insgesamt bereits seit Mai.

Auch Aktionärsschützer, Privatleute und Einzelaktionäre haben nach der spektakulären Fastpleite Anzeige gegen die inzwischen teilweise mit neuen Kräften ersetzte Führungsriege der Bank erstattet. Der ehemalige Vorstandschef Georg Funke und Vorstandskollege Bo-Heide Ottosen sowie fast der komplette Aufsichtsrat mussten wegen der Affäre den Hut nehmen.

Die HRE sagte Kooperation mit den Ermittlern zu, wollte aber mit Verweis auf das laufende Verfahren keine Angaben machen. Die Bank prüft seit einiger Zeit selbst, ob Funke und Ottosen für das Desaster in Haftung genommen werden könnten.