Der unter die Räder der Finanzkrise geratene Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) streicht gut jeden zweiten Arbeitsplatz und gibt große...

München. Der unter die Räder der Finanzkrise geratene Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) streicht gut jeden zweiten Arbeitsplatz und gibt große Teile des operativen Geschäfts auf. "Es gibt keine Alternative", stellte der neue Konzernchef Axel Wieandt in München vor Journalisten klar. Bis 2013 werde die Zahl der Mitarbeiter von heute 1800 Frauen und Männern auf noch rund 800 Personen sinken. Allein in den kommenden drei Jahren werde auf rund 1000 Beschäftigte abgebaut.

Ein Drittel aller Stellen würden in Deutschland gestrichen. Zum Teil vollziehe sich der Kahlschlag durch Auslagerung von Betriebsteilen und deren Verkäufe, ergänzte Wieandt. Kündigungen sollen während des dreijährigen Umbaus möglichst verhindert werden.

Geschäftlich lässt die HRE die Finanzierung von Infrastrukturprojekten wie Brücken und Straßen auslaufen. Auch viele Kapitalmarkt- und Handelsaktivitäten würden eingestellt. Die Bank spezialisiere sich nun auf Immobilienfinanzierung und Pfandbriefe. Letztere würden zum wesentlichen Fundament der Refinanzierung. Pfandbriefgeschäfte gelten aber als sehr margenarm. Wie die HRE darauf gestützt beim gleichzeitigen Abschmelzen anderer Aktivitäten jemals die zum Überleben nötigen Milliardenkredite tilgen will, ließ Wieandt offen. Dazu führe man demnächst Gespräche mit dem staatlichen Bankenrettungsfonds Soffin.

Nicht äußern wollte sich der Banker auch zu Spekulationen, die irische Tochter Depfa, die das Debakel maßgeblich verursacht hat, könnte vom Soffin übernommen werden.

Die Radikalkur reduziere die Kosten bis 2013 um 250 Millionen Euro jährlich, sagte er. An Einmalkosten fielen dafür rund 400 Millionen Euro an. Das und weitere Belastungen aus der Finanzmarktkrise würden im Schlussquartal 2008 für neue "erhebliche Ergebnisbelastungen" sorgen. Das vergangene Quartal hatte einen Verlust von über drei Milliarden Euro gebracht. Das Gesamtjahr steuert damit unvermeidlich auf ein mehrfaches Milliardendefizit zu.

Konsequenzen hat das Fiasko auch für fast die Hälfte der dafür verantwortlichen Vorstände. Vier Topmanager werden mit sofortiger Wirkung vor die Tür gesetzt. Die Verträge gekündigt wurden zum einen Ex-Chef Georg Funke und Vorstand Bo Heide-Ottosen. Beide hatten ihre Ämter bereits vor zwei Monaten verloren. Zusätzlich fristlos gekündigt wurden nun die Vorstände Frank Lamby und Finanzchef Markus Fell. Vor allem Letzterer gilt als einer der Hauptverdächtigen im Zuge der Razzia Münchner Staatsanwälte bei der HRE.

Gegen den gesamten Altvorstand und Ex-Aufsichtsratschef Kurt Viermetz wird wegen des Verdachts auf Marktmanipulation, unrichtige Darstellung der wirtschaftlichen Situation des Konzerns und Untreue ermittelt. Vor allem vom Trio Funke, Ottosen und Fell sind Äußerungen aus der Zeit kurz vor der Beinahe-Pleite der HRE bekannt, wo diese die Lage des Konzerns als stabil bezeichnet und größere Probleme abgestritten hatten. Das könnte aktienrechtlich zum Bumerang werden. Es drohen bis zu drei Jahre Haft.

Die HRE musste Ende September einen Offenbarungseid leisten und konnte nur mit mehrmals aufgestockter staatlicher Hilfe und Notkrediten anderer Banken vor dem Kollaps gerettet werden. Insgesamt braucht das Institut nach bisherigen Angaben 50 Milliarden Euro Kredit und Garantien über weitere 30 Millionen Euro. Klar ist, dass das noch nicht reicht, betonte Wieandt, der erst seit wenigen Wochen an der Spitze des Pleitekandidaten steht. Details zu den Gesprächen mit dem Soffin nannte er nicht. Experten befürchten, dass eine weitere Milliardensumme und eine Teilverstaatlichung nötig ist, um die HRE endgültig zu retten.