Leysieffer: Baumkuchen für Könige, Schokolade für Sylts Jetset: Wie eine Familie zum erfolgreichen Pralinenhersteller wurde.

Osnabrück/Hamburg. Die drei Glasfläschchen auf dem Schreibtisch von Axel Leysieffer (59) könnten auch in einer Apotheke stehen. Rosenöl ist drin, weiße Aufkleber verraten seine Herkunft: Türkei, Bulgarien, Holzminden. "Holzminden kommt bei uns nicht rein", sagt der Chef des Pralinenherstellers, "das habe ich nur zum Vergleich bestellt." Holzminden, sagt er, "ist doch mittlerweile Deutschlands kulinarische Hauptstadt". In der niedersächsischen Stadt sitzen große Hersteller für künstliches Aroma. "Alles können Sie da kaufen, Butter- oder Honiggeschmack, schrecklich", sagt Leysieffer und verzieht das Gesicht.

Tatsächlich ist bei Leysieffer noch alles echt. Wo Honig draufsteht, wie jetzt bei den Lebkuchen zu Weihnachten, ist auch Honig drin. In der Fabrik in Osnabrück stehen Pakete mit Macademia-Nüssen aus Australien oder Blöcke Deutscher Markenbutter, die Frauen und Männer in weißen Kitteln vorwiegend von Hand zu Pralinen, Gebäck oder Kuchen verarbeiten. Aus den Containern an der Wand zapfen sie Cognac, Whisky und Kirschwasser. "Unsere Konservierungsstoffe", sagt Leysieffer scherzhaft. Der Alkohol sorgt dafür, dass die Trüffel länger schmecken. Auch auf künstliche Haltbarmacher kann man so verzichten.

Wieder zurück am Schreibtisch, schnuppert Leysieffer an den Ölfläschchen. "Das ist es, tolles Aroma", ruft er begeistert und reicht die Kostbarkeit aus Bulgarien für immerhin 6000 Euro das Kilo über den Tisch, zur Riechprobe. Damit ist die Wahl für das gewisse Etwas an seiner neuen Rosenölschokolade schon gefallen.

Denn Produkte entwickelt bei Leysieffer nur der Chef. In seinem abgedunkelten Büro mit den riesigen Familienfotos an der Wand, schwarzen Holzschränken und Charles-Eames-Stühlen probiert er neue Pralinen oder Schokoladen, begutachtet Verpackungen und investiert dann auch schon mal 15 000 Euro in Werkzeug für eine einzige neue Pralinendosenform. Eine Forschungs- und Entwicklungsabteilung braucht der Trendsetter fürs edle Essen und Trinken nicht. "Den Wein, den sie in Kampen demnächst trinken, erkenne ich jetzt schon am Geruch", sagt er selbstbewusst über seinen guten Riecher. Schokolade mit Salz, Chili oder Kräuterpralinen mit Melisse, Salbei und Ingwer sind Leysieffer-Produkte, die ihm Spaß machen, seine Schöpfungen. Passion eines kreativen Mannes, der gerne auch Schauspieler, Architekt oder Dirigent geworden wäre und tatsächlich manchmal dirigiert. Aber heimlich, nach Musik von der CD, in seinem Kotten im Osnabrücker Land, wo er mit seiner Frau, zwei Hundemischlingen, sieben Gänsen und "einer Menge Maulwürfe" lebt und jeden Morgen, sommers wie winters, ein Bad im großen Gartenteich nimmt.

So ungewöhnlich seine Begabungen und Neigungen auch sind, Leysieffer lernte ganz klassisch Konditor, nachdem er schon als Kind im elterlichen Cafe von 1909 nahe der Osnabrücker Altstadtgassen mitgeholfen hat. Ein Jahr, nachdem sein Vater Karl 1967 gestorben war, trat er in die Geschäftsleitung des Unternehmens mit 450 Mitarbeitern ein, dessen Erfolg unter anderem die Trüffelpraline "Himmlische" begründet hatte. Axel Leysieffer war es, der die Expansion maßgeblich vorantrieb. Er gründete bis heute 28 Bistros und Filialen etwa im Hanseviertel, an der Düsseldorfer Königsallee, im Berliner Adlon Hotel oder in Kampen auf Sylt. Mehr als 700 Wiederverkäufer bieten Leysieffer-Produkte an, selbst in Tokio, Mailand und Paris. Neustes Projekt ist ein Bistro in Keitum auf Sylt, das er am Pfingstsonntag eröffnet. "Möglichst 2003, sonst 2004." Andere Termine kämen nicht in Frage, weil Leysieffer den Sylter Saisonbeginn keinesfalls verpassen will.

Heute verdient Leysieffer zwanzig Millionen Euro im Jahr mit seinen Spezialitäten, die selbst bei Königen auf den Tisch kommen. Regelmäßig hole ein Hubschrauber vom holländischen Königshaus Baumkuchen und Pralinen. Auch ein Scheich aus Dubai gebe derzeit ungewöhnliche Bestellungen bei ihm auf. "Der hat haargenaue Vorstellungen und will dann gleich Unmengen." Etwa von den handgedrehten Butterkäsestangen, zu denen auch der Perfektionist Leysieffer ein besonderes Verhältnis hat: Wenn die Frau, die sie gewöhnlich dreht, mal Urlaub hat, sieht er das auf den ersten Blick.