Noch rechnen und vergleichen bringt für Familienunternehmen nichts mehr. Wer erst jetzt erkennt, dass das alte Erbrecht günstiger ist, kommt zu...

Hamburg. Noch rechnen und vergleichen bringt für Familienunternehmen nichts mehr. Wer erst jetzt erkennt, dass das alte Erbrecht günstiger ist, kommt zu spät. "Die Übertragung eines Unternehmens in den letzten Tagen des Jahres dürfte kaum noch möglich sein", sagt Thomas Krüger, Partner der Hamburger Sozietät Schomerus & Partner. "Die Unternehmen, denen es möglich war, haben bereits gehandelt und für Nachfolgeregelungen das alte Recht genutzt." Die meisten müssen sich auf die neuen Regelungen einstellen. Schließlich kann ein 45-jähriger Unternehmer seine Anteile schlecht auf die schulpflichtigen Kinder übertragen.

Variante 1: Eine 100prozentige Verschonung von der Erbschaftssteuer ist nur möglich, wenn sich die Löhne im Betrieb nach zehn Jahren auf 1000 Prozent des Ausgangsjahres summiert haben. Massiver Personalabbau würde also die Steuerfreiheit vermindern. Keine Steuern zahlt nur, wer Stellen sichert oder schafft. Wird der Lohnsummensatz von 1000 Prozent unterschritten, errechnet sich die Erbschaftssteuer anteilig. Die Addition der Lohnsumme über die Jahre ermöglich es, sie auch einmal zu unterschreiten, wenn das in den Folgejahren wieder aufgeholt wird.

Variante 2: Erben, die nicht solche Verpflichtungen eingehen wollen, können sich für die kleinere Variante entscheiden: 85 Prozent des Betriebes werden von der Erbschaftssteuer verschont, wenn die Lohnsumme nach sieben Jahren nicht weniger als 650 Prozent der Ausgangssumme beträgt. Zusätzlich müssen in beiden Varianten noch weitere Hürden genommen werden: Bei der vollen Verschonung von der Erbschaftssteuer darf das Verwaltungsvermögen höchstens zehn Prozent betragen. Dazu zählen Bargeld, Wertpapiere oder Immobilien. "Wir haben keinen Mandanten gefunden, der diese Bedingung erfüllt", sagt Krüger. Bei der zweiten Variante darf das Verwaltungsvermögen immerhin bis zu 50 Prozent betragen. "Die Lohnsummenregelung macht die Verschonungsregel zum Lotteriespiel", sagt Britta Dierichs von Rödl & Partner. "Realistisch kommt die Steuerbefreiung nur für sehr wenige Unternehmen in Betracht." Auch müssen sich die Erben mit Abgabe der Steuererklärung unwiderruflich für eine der beiden Varianten entscheiden.

Deshalb sieht sich die Königsklasse der deutschen Wirtschaft als Verlierer der Erbschaftssteuerreform. Zu bürokratisch, unerfüllbare Auflagen, realitätsfern lautet das Urteil der Familienunternehmen, die ihren Protest in einer Badener Erklärung formuliert haben. Wer kann, liebäugelt mit einer Verlagerung des Unternehmens nach Österreich. Dort wurde die Erbschaftssteuer abgeschafft. Für norddeutsche Familienunternehmen ist das keine Option. Sie können allenfalls ihre Unternehmen verkleinern und auf Leiharbeiter setzen, die in die Lohnsummenregelung nicht einfließen. Möglich ist auch eine Aufspaltung der Firma. "Wenn unterschiedliche Bereiche abgedeckt werden und man glaubhaft darlegen kann, warum diese Bereiche selbstständig am Markt agieren sollen, ist das eine Option", sagt Klaus Finnern von der Sozietät bdp Bormann Demant & Partner in Hamburg.