Mit dem Diebstahl von Buntmetall verdienen organisierte Diebesbanden und Kleinganoven in Zeiten hoher Rohstoffpreise gutes Geld. Firmen und Kommunen beklagen Millionenschäden.

Magdeburg. Gullydeckel, Wasserrohre, Kabel, Gleise: Der Diebstahl von Stahl, Kupfer, Messing und Aluminium hat in Deutschland große Ausmaße angenommen. Zwar sind die Rohstoffnotierungen derzeit rückläufig, Stahlwerke und Gießereien fahren wegen der stockenden Konjunktur ihre Produktion zurück. Doch Buntmetalldiebe, da sind sich Experten sicher, lassen sich so schnell nicht bremsen. Für 100 Kilogramm Kupferdraht zahlen Schrotthändler immer noch 260 Euro, für die gleiche Menge Aluminium- Blechabfälle 55 Euro, für eine Tonne Stahlschrott bis zu 230 Euro.

Genaue Daten über Metall- und Stahldiebstähle werden von der Polizei nicht für ganz Deutschland erhoben, jedoch in manchen Bundesländern, wenn auch nach unterschiedlichen Kriterien. In Nordrhein-Westfalen schlugen Metalldiebe laut Landeskriminalamt (LKA) in diesem Jahr schon 259-mal zu. Geschätzter Schaden: 5,4 Millionen Euro. Im Vorjahr verschwand in 455 Fällen Stahl und Buntmetall für insgesamt neun Millionen Euro. Das bayerische LKA spricht von einer Verdreifachung der Fälle seit 2004, Sachsen-Anhalts Polizei zählte allein im ersten Halbjahr 2008 mehr als 1100 Taten. Der Schaden wird auf zwei Millionen Euro geschätzt.

In Deutschland ist das Diebesgut nach Angaben der Bundesvereinigung Deutscher Stahlrecycling- und Entsorgungsunternehmen nur schwer abzusetzen. "Wir gehen davon aus, dass ein Großteil über die Grenzen geschafft und dort an Schrotthändler verkauft wird", sagt Geschäftsführer Ulrich Leuning. Hierzulande gehöre die Branche zu den am besten kontrollierten Wirtschaftszweigen. "Wer nicht genau belegen kann, von wem er Material angekauft hat, bekommt Probleme etwa mit Ermittlungs- oder Steuerbehörden. Dieses Risiko geht schon lange kein seriöses Unternehmen mehr ein."

Ein Problem ist der Buntmetallklau auch für die Deutsche Bahn, selbst deren Gleisanlagen sind Ziel von Gaunerbanden. "Seit 2004 ist die Tendenz steigend", sagt Sprecherin Diana Scharl in Frankfurt/Main. "Dem Unternehmen entsteht erheblicher materieller Schaden, der jedes Jahr in zweistelliger Millionenhöhe liegt." Hinzu kämen Sperrungen und Zugverspätungen wegen Instandsetzungsarbeiten.

Die Bundespolizei verstärkte deshalb die Überwachung des Schienennetzes. 2007 zählte sie bundesweit 3800 Fälle, bei denen Diebe Gleise, Kabel oder Signaldrähte von Bahngeländen mitgehen ließen. "Es gab in letzter Zeit mehrere große Ermittlungserfolge und eine Reihe von Festnahmen", berichtet Jörg Kunzendorf vom Bundespolizeipräsidium Potsdam.

Auch für Kommunen und andere Institutionen sind die Schäden teils immens, zumal die Kriminellen keine Tabus kennen. So bauten Diebe in Magdeburg innerhalb von zwei Wochen 46 Gullydeckel auf teils viel befahrenen Straßen aus. In Nordrhein-Westfalen verschwanden Metallkreuze und Kupfervasen von Friedhöfen, in Freyburg (Sachsen- Anhalt) ließen Unbekannte gar eine historische Kanone mitgehen. In einer Kirche in Österreich montierten Metalldiebe im Oktober 122 der 480 Orgelpfeifen aus Zinn ab. Auch Brückengeländer, Spielplatz-Geräte und Alu-Fässer aus Brauereien sind vor kriminellen Metallsammlern nicht sicher. Nach Einschätzung von Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Hövelmann (SPD) wäre es hilfreich, Schrotthändler zu verpflichten, die Personalien ihrer Kunden aufzunehmen. Laut Recyclingbranche wird dies - auf freiwilliger Basis - praktiziert.