43 Prozent höhere Kosten - wie kann das sein? Denn eigentlich buhlen die Assekuranzen derzeit um Kunden.

Hamburg. Damit hatte Peter W. beim Blick auf seine Rechnung nicht gerechnet. 43 Prozent mehr Beitrag für seine private Krankenversicherung (PKV) bei der Barmenia im nächsten Jahr, die zehnprozentige Erhöhung für die beiden Kinder nicht mitgerechnet. Und das bei einem kostenbewussten Kompakttarif, also alles andere als Einbettzimmer oder andere Luxusleistungen. So wie Peter W. geht es derzeit einigen PKV-Kunden. Doch die breite Masse bleibt von exorbitanten Beitragserhöhungen verschont. Denn die Branche hält sich in diesem Jahr mit Tarifsprüngen zurück, wie eine Abendblatt-Umfrage unter den größten Anbietern von PKV-Tarifen ergab.

"Wir werden für 2009 keine Beitragserhöhungen vornehmen, geringfügige Anpassungen gibt es bei Kindern", sagt Gerd Benner vom Marktführer Debeka. Auch bei der Halleschen bleiben die Tarife stabil. "Wir geben eine Garantie, dass das bis zum 1.1.2010 auch so bleibt", sagt Unternehmenssprecher Andreas Bernhardt. "Auf den Gesamtbestand berechnet werden sich die Beiträge unserer Krankenversicherung 2009 um 0,83 Prozent erhöhen", sagt Gabriela Ulmen von der Hamburger Versicherung Hanse-Merkur. Bei der Signal gibt es im Schnitt nur geringfügige Erhöhungen in Höhe von 1,5 Prozent. Bei der Continentale steigen die Beiträge über den gesamten Bestand um 2,9 Prozent.

Ob die Tarife steigen oder nicht, hängt bei der PKV von den Ausgaben für die Versicherten ab. "Es gibt eine strenge Kalkulationsverordnung, die mitunter verhindert, dass die Beiträge angehoben werden und nach einigen Jahren wird dann eine massive Erhöhung fällig", sagt Bernd Goletz von der Continentale. Übersteigen die Ausgaben die Beitragseinnahmen lediglich um bis zu 4,9 Prozent, dürfen die Beiträge nicht erhöht werden. "Wenn mehrere Jahre diese Grenze nicht überschritten wird, kann es dann zu sehr hohen Erhöhungen kommen, wenn die Kalkulationsverordnung dies ermöglicht" sagt Goletz. Werden die Ausgaben in einer Spanne zwischen fünf und zehn Prozent überschritten, liegt es im Ermessen des Unternehmens, ob die Beiträge angehoben werden. Übersteigen die Beitragseinnahmen im Tarif die Ausgaben um zehn oder mehr Prozent muss die Versicherung eine Erhöhung vornehmen.

Viele Jahre Beitragsstabilität sind jetzt auch Peter W. zum Verhängnis geworden. "Sein Tarif wurde seit fünf Jahren nicht angepasst", sagt Weise-Bonczek. Da sich W. schon für einen kompakten Tarif entschieden habe, würde auch ein Tarifwechsel kaum eine Ersparnis bringen. "Tatsächlich fällt die Erhöhung aber geringer als 43 Prozent aus, denn mehr als 35 Prozent darf dieser Tarif in einem Jahr nicht steigen", sagt Weise-Bonczek. Um dies zu gewährleisten, gebe es einen Bonus, der die Erhöhung abfedere.

Dass die Beitragserhöhungen in diesem Jahr - von einigen Ausnahmen abgesehen - so moderat ausfallen, dürfte auch der Gesundheitsreform geschuldet sein. Ab 1. Januar können privat Versicherte bei einem Wechsel ihrer Assekuranz ihre Altersrückstellungen, die bisher im Unternehmen verblieben, mitnehmen. Viele Unternehmen wollten deshalb ihre Kunden nicht mit hohen Beitragssteigerungen zum Wechsel verleiten, sagt ein Branchenkenner. Allerdings können Bestandskunden nur innerhalb des ersten Halbjahres 2009 ihren Versicherer wechseln. Für ab 2009 abgeschlossene Verträge gilt dieses Recht uneingeschränkt. "Dafür werden diese Neuverträge ab 2009 auch um bis zu zehn Prozent teurer", erwartet Jens Wagner vom Verband der Privaten Krankenkassen.

Die Versicherungen versuchen deshalb, mit diesem Argument noch möglichst viele Kunden zu gewinnen. "Vor einem Wechsel in die Private sollten Vor- und Nachteile genau abgewogen werden", sagt Lilo Blunck vom Bund der Versicherten. "Denn eine Rückkehr ist nicht ohne Weiteres möglich", so die Expertin.