Der 52-Jährige dürfte bald den Porsche-Betriebsrat führen. Als Dienstwagen will er aber weiter Golf fahren ...

Wolfsburg. Abendblatt:

Herr Osterloh, viele Autohersteller haben massive Probleme - nicht so VW. Wie haben Sie sich gegen den Trend gestemmt?

Bernd Osterloh:

Dadurch, dass wir vom Fox bis zum Lkw alles anbieten, und heute schon in der Lage sind, mit kleineren Autos Geld zu verdienen, haben wir eine gute Ausgangsposition. Aber wenn die Finanzkrise weiter anhält, wird das auch nicht spurlos an uns vorübergehen. Erste Anzeichen dafür spüren wir bereits. Wir müssen von Woche zu Woche genau schauen, wie sich die Märkte entwickeln. Zum Teil sieht es da düster aus.



Abendblatt:

Die VW-Bank will eventuell staatliche Hilfe in Anspruch nehmen...

Osterloh:

Aber das nur zur Absicherung unserer Finanzierung. Wir beanspruchen in dem Sinne keine staatlichen Gelder, denn die VW-Bank steht auf einem soliden Fundament. Wir hatten zum Beispiel nicht wie die Konkurrenten, die viele Fahrzeuge in den USA verkaufen, riesigen Wertabschreibungsbedarf bei Leasingfahrzeugen. Manche Wettbewerber haben dort unter Einstandspreis verkauft - entsprechend hoch sind deren Verluste auf dem nordamerikanischen Markt. Wir verdienen dagegen auch jetzt noch gut - mit zahlreichen Modellen.



Abendblatt:

Neben der Krise auf dem Automarkt beherrscht der Konflikt mit Ihrem Großaktionär Porsche die Negativschlagzeilen...

Osterloh:

Wir hatten kürzlich Sitzung des Weltkonzernbetriebsrats. Die Stimmung dort war, was Porsche betrifft, nicht gut. Insbesondere liegt dies an den ständigen Attacken auf das VW-Gesetz, das den Arbeitnehmern von Volkswagen Schutz vor Standortverlagerungen und Arbeitsplatzverlust bietet. Porsche verweigert uns außerdem eine angemessene Vertretung in den Mitbestimmungsgremien der Porsche Automobil Holding SE. Darüber hinaus herrscht immer noch Ungewissheit, was Porsche überhaupt will, und die Kollegen fragen sich, was mit ihrem Arbeitsplatz wird.



Abendblatt:

Hat Porsche das Selbstverständnis der VW-Beschäftigten falsch eingeschätzt?

Osterloh:

Ich glaube, Porsche hat sich gar nicht richtig mit uns beschäftigt. Die haben einen guten Deal gesehen. Sie haben gewusst, dass sie alleine nicht überlebensfähig sind, dass sie die Entwicklungskosten allein auf Dauer nicht mehr stemmen können. Deshalb haben sie sich Volkswagen ausgesucht.



Abendblatt:

Sehen Sie gar keine Vorteile der Zusammenarbeit mit Porsche?

Osterloh:

Wir haben immer wieder gesagt, dass wir das Engagement der Familien Porsche und Piëch bei Volkswagen begrüßen. Ein zweiter Großaktionär neben dem Land Niedersachsen gibt Stabilität. Wir wollen aber unsere Unternehmenskultur wahren. Beschäftigungssicherung und Wirtschaftlichkeit sind bei uns gleichrangige Unternehmensziele. Wir wollen, dass in Jahrzehnten gewachsene Arbeitnehmerrechte erhalten bleiben. Zu denen zählt auch das VW-Gesetz, mit dem Volkswagen auf den Märkten erfolgreich ist. Uns wäre es nach wie vor recht, wenn Porsche dies akzeptieren würde. Dann stünde einer konstruktiven und erfolgreichen Zusammenarbeit nichts im Wege. Wir wählen zurzeit den SE-Betriebsrat der Porsche Automobil Holding. Dort wollen wir gemeinsam mit unseren Kolleginnen und Kollegen die Interessen der Beschäftigten gegenüber den Vorständen vertreten.



Abendblatt:

Das bedeutet, Sie werden demnächst enger mit Porsche zusammenarbeiten! Wird der Streit auf diesem Wege beigelegt?

Osterloh:

Wir besetzen die Gremien, weil wir sonst darauf verzichten würden, die Interessen unserer Kolleginnen und Kollegen gegenüber dem Großaktionär zu vertreten. Fakt ist aber: Wir werden nach wie vor benachteiligt. Für die mehr als 360 000 Beschäftigten von Volkswagen gibt es beispielsweise im SE-Betriebsrat genauso 20 Sitze wie für die 11 700 Beschäftigten von Porsche. Und das soll nur geändert werden, wenn wir uns mit den undemokratischen Kündigungsbedingungen und einer Laufzeit von zehn Jahren abfinden. Konkret gesagt: Wenn sich die Vertreter des Volkswagen-Konzerns im SE-Betriebsrat einig sind, dass die Mitbestimmungsvereinbarung verändert werden soll, können die Kollegen von Porsche dies verhindern, obwohl sie viel weniger Beschäftigte repräsentieren. Deshalb werden wir auch nach Einzug in die Gremien weiterhin gegen diese Benachteiligungen kämpfen. Nicht umsonst klagen wir gegen Porsche. Daran wird sich so lange nichts ändern, bis es eine für die VW-Belegschaft tragbare Lösung gibt.



Abendblatt:

Übernehmen Sie den Vorsitz des SE-Betriebsrats?

Osterloh:

Das werden unsere Kolleginnen und Kollegen, die Mitglied in dem neuen Gremium sind, in Wahlen entscheiden. Immerhin an dieser Stelle hat Porsche die Stimmgewichtung nicht außer Kraft gesetzt. Wir haben als Vertreter des Volkswagen-Konzerns bei dieser Frage eine Mehrheit, weil wir hier entsprechend der Anzahl der Beschäftigten, die wir repräsentieren, auch Stimmen haben. Insofern gehe ich davon aus, dass eine Kollegin oder ein Kollege aus dem VW-Konzern an der Spitze des SE-Betriebsrats stehen wird.



Abendblatt:

Würden Sie denn bei der Übernahme durch Porsche nicht selbst gerne mal einen Porsche als Dienstwagen fahren?

Osterloh:

Nein, bestimmt nicht. Denn ich bin durch und durch Volkswagen-Mann. Aber: Ich habe da im Grunde überhaupt kein Problem. Die Kollegen bei Porsche bauen tolle Autos. Nicht umsonst ist die Marke ein Mythos. Und sicherlich drehe ich auch gerne mal eine Runde in einem 911. Aber das Auto für mich ist nach wie vor der Golf GTI. Um es deutlich zu sagen: Wir haben kein Problem mit dem Unternehmen oder der Marke, sondern mit der Unternehmensleitung. In dem Unternehmen arbeiten schließlich auch Metaller, die nach einem anständigen Tarif bezahlt werden. Die machen eine gute Arbeit. Ich möchte nur, dass die Unternehmenskultur von Volkswagen erhalten bleibt und dass die Kollegen angemessen beteiligt sind.



Abendblatt:

An unterschiedlichen Unternehmenskulturen ist ja auch die "Hochzeit im Himmel" von Daimler und Chrysler gescheitert...

Osterloh:

Ja, ich glaube auch dem Projekt Porsche und VW fehlt es an Gemeinsamkeiten. Losgelöst von persönlichen Befindlichkeiten: Wenn ich ein Unternehmen übernehme, will ich doch irgendetwas Gemeinsames erreichen, und diese Gemeinsamkeit gibt es hier bislang nicht. Das liegt nicht an VW. Mit unserem Vorstand sind wir jedenfalls recht zufrieden.



Abendblatt:

Wie viele VW-Aktien haben Sie?

Osterloh:

40 Stammaktien und 199 Vorzüge. Und das seit über zehn Jahren



Abendblatt:

Sie haben beim 1000-Euro-Höchststand nicht verkauft?

Osterloh:

Nein, warum soll ich verkaufen? Ich habe ein langfristiges Interesse an meinem Investment, das zeichnet einen guten Unternehmer doch aus (lacht). Zumindest sagen sie das immer. Die Rendite des Betriebsrates sind Arbeitsplatzsicherheit, anständige Tarifverträge und Beschäftigung. Das funktioniert bei Volkswagen ganz ordentlich.