Modern oder traditionell? Streit um die Ausrichtung des Unternehmens. Erotikkaffee kam beim Patriarchen nicht gut an.

Hamburg. Aus Freude am Leben! Für einen Moment vergaß Albert Darboven (72) das werbende Firmenmotto, als Sohn Arthur (44) mit ernster Miene in sein winziges Kontor im ersten Stock trat. Die Mitteilung war kurz, aber schwerwiegend: "Es geht nicht mehr. Ich möchte meine operative Mitwirkung einstellen." Der Senior reagierte gefasst, keinesfalls komplett überrascht: "In Ordnung, Arthur, wie du willst."

Mit knappen Worten war somit ein Bruch besiegelt, der das Hamburger Familienunternehmen in den Grundfesten erschüttert. Jahrelang galt Arthur Ernesto Darboven als Kronprinz , als ganz natürlicher Nachfolger des Patriarchen Albert "Atti" Darboven, der die Kaffeerösterei von seinem Adoptivvater Arthur übernommen und im hart umkämpften Weltmarkt sicher manövriert hatte. Übernahmeversuchen bot der "Alte Herr" ebenso clever wie konsequent Paroli. Eines Tages, so das erklärte Ziel, solle der Sohn die Geschicke steuern.

Die Firma J. J. Darboven gilt als kerngesund: 1000 Mitarbeiter weltweit, davon gut 200 in Hamburg-Billbrook, erwirtschaften rund 300 Millionen Euro Jahresumsatz. Urhanseatische Prinzipien wie "ein Mann, ein Wort", Händedruck als fester Vertragsabschluss und eine gönnerhafte Menschenführung haben Wert. Damals wie heute. Umso größer war die Betroffenheit der Belegschaft, als Arthur Darboven sein Büro rasch räumte - inklusive aller persönlicher Gegenstände. Noch bevor er im Rahmen einer von Bürgermeister Ole von Beust geführten Hamburg-Delegation nach Südamerika aufbrach, traten Darboven senior und junior Seite an Seite vor die Belegschaft. Der Sohn bleibt mit einem Anteil von 17 Prozent Kommanditist, zieht sich jedoch mit sofortiger Wirkung aus der aktiven Unternehmenspolitik zurück. In Briefen an handverlesene Geschäftspartner und Verbände informierte Arthur Darboven über den Ausstieg. "Wir haben uns in familiärer Freundschaft getrennt", ließ der Vater wissen. "Mein Sohn nimmt eine Auszeit", so die offizielle Version des Seniors. "Es ist ein Aus vor dem Zurück." Sprich: Arthur, der aus erster Ehe stammt und in El Salvador aufwuchs, solle "einmal ganz tief durchatmen" und "eines Tages" wieder in den Familienbetrieb einscheren. Sein Platz werde nicht neu besetzt. Und nach wie vor sei er als Nachfolger eingeplant.

Darboven junior betont sein "privat gutes Verhältnis" zum Familienoberhaupt, betrachtet die Situation jedoch anders: "Ich habe alles getan - jetzt muss mein Vater handeln." Mehr sei dem nicht hinzuzufügen.

Führende Mitarbeiter hatten schon lange den schwelenden Streit um die künftige Ausrichtung der Firma beobachtet. "Erst hat's geknirscht, dann mächtig gekracht!", heißt es im Verwaltungsgebäude am Pinkertweg.

Während Albert "Atti" Darboven als Traditionalist gilt, der das Unternehmen gemäß nach Gutsherrenart führe und bei grundlegenden Entscheidungen die Federführung reklamiere, habe der gleichfalls selbstbewusste und durchsetzungsstarke, 28 Jahre jüngere Arthur Ernesto die Entwicklung oft anders eingeschätzt. Als das Traditionshaus etwa mit einer neuartigen Kaffeelinie ("Coffee-Erotic") den Sex des Bohnengetränks betonte und sich auf einer Erotikmesse positionierte, habe der Oberboss wenig amüsiert reagiert.

Zuletzt, so die Kunde, sei der Ärger im Büro sogar in private Bereiche übergeschwappt. Gemeinsamkeiten wie das Faible für Pferde, Polo und Nadelstreifen seien in den Hintergrund geraten. Zwar hatte der Junior stets die Dominanz des Seniors akzeptiert ("Er ist der Häuptling!"), sich jedoch auf seinen Feldern Personal und Marketing immer weniger hereinreden lassen.

Somit scheinen jene recht zu behalten, die frühzeitig Schwierigkeiten wähnten. Auf der einen Seite der kampferprobte, starke, erfolgsverwöhnte "Atti" mit Attitüde des hanseatischen Patriarchen, andererseits Arthur, alles andere als ein Sohnemann oder abnickender Jasager. Der Junior, Hanseat mit mittelamerikanischem Blut, verfügt über eine exzellente Ausbildung in den USA und in der Schweiz, weiß genau, was er will und hat präzise Vorstellungen, wie ein Kaffeeunternehmen auszusehen hat. Da prallen zwei an sich gut meinende Alpha-Tiere mit starkem Sendungsbewusstsein aufeinander.

Wie es weitergeht, ist offen. Gemeinsam wohl kaum. "Ich will ja nicht zu Hause sitzen und Violine spielen", sagte der Senior dem Abendblatt. Heißt: Sobald wird er nicht gehen. Auch das hat Tradition: Vorgänger Arthur Darboven sen. war auch mit Anfang 80 noch aktiv an Bord.