Hamburg nicht so stark betroffen. Auch höhere Mehrwertsteuer und steigende Baukosten belasten.

Hamburg. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer zum Jahresanfang um drei Prozentpunkte, der Wegfall der Eigenheimzulage zum Jahreswechsel 2005/2006 und zum Teil drastisch gestiegene Baukosten haben den Wohnungsbau im ersten Halbjahr drastisch einbrechen lassen. Bundesweit ging die Zahl auf 87 571 Baugenehmigungen für Wohnungen und Häuser zurück. Das waren fast 38 Prozent oder 53 337 weniger als im gleichen Vorjahreszeitraum, teilte das Statistische Bundesamt gestern mit. "Vor allem der Wegfall der Eigenheimzulage hat sich bemerkbar gemacht", sagte Uwe Zimmermann von dem Amt dem Abendblatt.

Besonders betroffen von der Entwicklung sind offenbar Baufirmen, die sich auf die Errichtung von Ein- und Zweifamilienhäusern spezialisiert haben. So musste der Fertighausspezialist Kampa wegen des starken Einbruchs im Geschäft sogar den Abbau von 200 seiner 1200 Arbeitsplätze bekannt geben. Das norddeutsche Unternehmen Viebrock, das mit einem Rückgang von 13 Prozent im ersten Halbjahr deutlich weniger verloren hat als die Konkurrenz bei Einfamilienhäusern (minus 46,8 Prozent), will nun als zweites Standbein in das Geschäft der Heizungssanierung einsteigen. Die Erlöse aus diesem Bereich sollen das Minus beim Hausbau ausgleichen. "Die Politik vernichtet mit der Streichung der Eigenheimzulage Tausende Arbeitsplätze", beklagt sich Unternehmenschef Andreas Viebrock.

In Hamburg fiel der Rückgang der erteilten Baugenehmigungen mit fast 18 Prozent im ersten Halbjahr zwar nicht so dramatisch aus wie im Bundesschnitt aus. Aber das liegt nach Meinung von Experten an den Unterschieden zwischen den Immobilienkäufern in Städten und auf dem Land. So werden in der Hansestadt wegen der hohen Grundstückspreise immer weniger - von jungen Familien bevorzugte - Einfamilienhäuser gebaut, dafür aber mehr Wohnungen und Reihenhäuser. "Die Probleme der Einzel- und Fertighaushersteller treffen auf uns nicht zu", sagte Jan Behrendt, Gesellschafter der Hamburger Firma Behrendt Wohnungsbau, dem Abendblatt. "Bei unseren Investitionsentscheidungen für Wohnungen spielt die Lage eines Objektes die größte Rolle. Und die Interessenten für gute Lagen kaufen gute Wohnungen auch ohne den Zuschuss durch die frühere Eigenheimzulage."

Sanjai Sharma, Vertriebsleiter bei Strabag Wohnungsbau in Hamburg, bestätigt zwar, dass im Laufe des Jahres 2006, nachdem alle noch mit der Zulage geförderten Bauprojekte abgearbeitet waren, die Nachfrage nach Eigentum in neuen Wohnanlagen schwächer wurde. "Aber seit einigen Wochen spüren wir wieder eine Belebung." In Hamburg profitieren Familien mit mindestens einem Kind beim Kauf einer Neubauwohnung von der Kinderzimmerzulage. Einmalig wird ihnen bis zu 10 000 Euro für den Bau eines Kinderzimmers vergütet.

Für Peter Wagenmann, Mitglied der Geschäftsführung im Hamburger Bauindustrieverband biv-hh, und für Jan Behrendt sind die gestiegenen Baukosten ein größeres Problem als der Wegfall der Eigenheimzulage. "Die Preise für einige Baumaterialien wie Stahl oder Dämmstoffe haben sich wegen der gestiegenen Nachfrage in den vergangenen beiden Jahren um 60 bis 90 Prozent erhöht", so Wagenmann. Und das Problem der Branche sei, dass Käufer gefunden werden müssen, die die Immobilien trotz der höheren Preise bezahlen könnten.

Dennoch sieht er derzeit trotz der Probleme beim Wohnungsbau die Baubranche in der Hansestadt nicht bedroht. In den vergangenen Jahren hätten zwar viele Firmen wegen der Baukrise aufgeben müssen, "aber die, die diese Phase überlebt haben, sind heute in der Regel so flexibel, dass sie Einbußen beim Wohnungsbau mit anderen Baubereichen ausgleichen", sagte er.