Wirrwarr bei den Geschäftszeiten hält Kunden offenbar noch ab. Kritik der Gewerkschaft.
Hamburg. Auf dem Parkplatz vor Ikea Moorfleet ist am Dienstag gegen 20.30 Uhr kaum noch etwas los. Im Smaland Märchenland sitzt nur ein einziger Junge neben "Frau Ikea", wie Betreuerin Melanie Haak von den Kleinen manchmal genannt wird. Auch am Hotdog-Stand, der in der Woche schnell einem Schlachtfeld gleicht, steht kein Mensch. Paradiesische Zustände für Leute, die sich schnell und konzentriert mit der neuen Einrichtung beschäftigen wollen. Wie Susanne Prott, die sich bei den Küchen umschaut. "Ich arbeite häufig bis 20 Uhr, da kommt mir das sehr gelegen", sagt die IT-Beraterin aus Harburg über die längeren Öffnungszeiten, die manche Hamburger Händler seit Jahresbeginn testen.
Bisher ist der Erfolg für die Kaufleute nur mäßig. "Es war eigentlich überall wenig los", fasst Ulf Kalkmann vom Verband des Hamburger Einzelhandels die Erfahrungen mit den Späteinkäufern zusammen. Allerdings verwundere dies kaum, denn nur wenige Geschäfte hätten bereits zu Wochenbeginn bis 21 oder 22 Uhr geöffnet. Wie Ikea, der Discounter Penny oder C & A, wo man sogar "ganz zufrieden" war mit dem ersten Abend, wie Christian Langer, Leiter der C & A-Filiale an der Mönckebergstraße, dem Abendblatt sagte. Jetzt sei man erst recht gespannt auf die folgenden Tage und das Wochenende, wenn die 22-Uhr-Regelung ebenfalls gilt. In der Zwischenzeit testen dann noch einmal Anson's, Das Depot und Apollo Optik in der Mönckebergstraße Donnerstag und Freitag längere Öffnungen bis 21 Uhr, diese Geschäfte schließen dann am Sonnabend aber wieder früher.
Letztlich dürften sich der Erfolg bei den Geschäftsleuten und die Zufriedenheit bei den Kunden nur einstellen, wenn sich die Zeiten angleichen, äußert Kalkmann "leichte Kritik" an dem Wirrwarr. "Die Verbraucher sollten nicht vor verschlossenen Türen stehen", sagt Kalkmann, und außerdem mache vielen Kunden das Shoppen in gut gefüllten Einkaufszentren auch mehr Spaß. "Und das funktioniert nur, wenn man sich auf ein, zwei Abende konzentriert."
"In Hannover und Dortmund haben es die Einzelhändler in der Innenstadt doch auch geschafft, sich auf den langen Donnerstag bis 22 Uhr zu einigen", fügt Ulrich Meinecke an, der Handelsexperte der Gewerkschaft Ver.di ist. Er hält zum Beispiel längere Öffnungszeiten am Donnerstag bis 22 Uhr für "maßvoll" und hatte der Interessengemeinschaft City empfohlen, über eine solche Einigung das Gespräch mit den Betriebsräten zu suchen. "Die Geschäfte in der City sind aber leider total zerstritten", sagte Meinecke über das Scheitern eines runden Tisches.
Jetzt will Ver.di zumindest die Situation für die Beschäftigten einheitlich verbessern. In den kommenden Verhandlungen für den Manteltarif, wo es unter anderem um Arbeitszeiten geht, sollen sich die Arbeitgeber auf neue Rechtsansprüche der Beschäftigten einlassen, fordert die Gewerkschaft: Eine Mutter sollte nicht regelmäßig in der Woche am Abend zu längeren Arbeitszeiten gezwungen werden dürfen. Wer Kinder unter zwölf Jahren hat, sollte generell von der späten Arbeit befreit werden. "Genauso muss ich in der Lage sein, abends mal zum Fußball zu gehen oder für ein Ehrenamt Zeit zu haben", sagt Meinecke.
Zudem wehrt sich die Gewerkschaft, dass die Arbeitgeber Zuschläge nach 18.30 Uhr in der Woche und ab 14.30 Uhr am Sonnabend abschaffen wollen. Bisher wird Arbeit zu diesen Zeiten mit mehr Freizeit für Verkäufer belohnt. So gewähren Arbeitgeber etwa für lange Wochenendarbeit einen freien Montag.
Bei Ikea schlendert an diesem Abend aber auch noch ein Paar durch die Gänge, das für die ganzen Aufregungen im deutschen Handel wenig Verständnis hat: Patric und Marina Poklekowski gehen gerne abends noch einkaufen. "Meine Frau kann kein Deutsch und sonst können wir halt nicht so viel unternehmen." Marina komme aus der Ukraine, und dort hätten etliche Geschäfte 24 Stunden lang geöffnet.