WINDENERGIE Hamburgs Vereins- und Westbank lotet die Chancen und Risiken von geplanten Offshore-Windparks aus.
Hamburg. Bisher war die Planung gigantischer Offshore-Windparks vor den deutschen Küsten eher etwas für Fantasten. Doch nun entdeckt die Finanzwirtschaft zunehmend die neue Form, Energie zu erzeugen. In Hamburg gaben gestern führende Dienstleister und die Vereins- und Westbank die Gründung eines "Offshore Finance Circle" bekannt, der die Chancen und Risiken der geplanten Großprojekte ausloten soll. "Windenergie ist ein norddeutsches Thema", sagt Rolf Kirchfeld Vorstandsmitglied der Vereins- und Westbank. "Und als norddeutsches Institut wollen wir gewappnet sein, wenn die Finanzierung ansteht." Dem Zirkel, der bis zum nächsten Sommer ein Ergebnis seiner Arbeit vorlegen will, gehören zudem der Finanzberater PricewaterhouseCoopers und der Versicherungsberater und -makler Marsh an. Insgesamt sind mehr als 30 große Windparks vor der Küste im Gespräch. Allein beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH), das für die Genehmigung der Projekte außerhalb der Zwölf-Seemeilen-Zone zuständig ist, stapeln sich 29 Anträge. Jeder dieser Parks zieht einen Kapitalbedarf von rund einer Milliarde Euro oder mehr nach sich. Zum Vergleich: Für die Finanzierung eines durchschnittlichen Windparks an Land sind gerade einmal 40 Millionen Euro nötig. "Deshalb bedarf es auch neuer Finanzierungskonzepte", so Kirchfeld. "Sicherlich werden nicht alle dieser Projekte realisiert", sagt Norbert Allnoch vom Internationalen Wirtschaftsforum regenerative Energien (IWR), der die Schirmherrschaft über das Finanzierungsprojekt übernommen hat. Die Experten gehen einerseits davon aus, dass die Windenergie in Deutschland und weltweit ein großes Zukunftspotenzial besitzt. Nach einer Studie des IWR wird sich die installierte Gesamtleistung von 50 000 Megawatt im Jahr 2005 bis 2010 auf 110 000 Megawatt mehr als verdoppeln. Bislang ist Deutschland mit einer installierten Leistung von 9800 Megawatt im Weltmaßstab führend und hat daher einen Wissensvorsprung, was den Bau und Betrieb von Windkraftanlagen angeht. Mit dem Schritt hinaus aufs Meer sind jedoch völlig neue technische und finanzielle Risiken verbunden. Die Anlagen sollen deutlich größer werden - bis zu fünf Megawatt je Windrad - und in 40 Meter tiefem Wasser errichtet werden. Die Fünf-Megawatt-Anlage, die etwa der Hamburger Anlagenbauer Repower derzeit entwickelt, soll einen Rotordurchmesser haben, der der AOL-Arena entspricht. Bestehende Anlagen in Schweden, etwa von der Firma GE Wind, gehören der 1,5-Megawatt-Klasse an und befinden sich gerade mal zwölf Kilometer vor der Küste. "Viele Fragen sind zurzeit noch offen", sagt Kirchfeld. "Dazu gehören Technik, Netzanbindung, rechtliche Fragen, Wartung und Logistik sowie Versicherungsschutz." Von den gut 30 Windkraftparks in der deutschen Bucht und der Ostsee steht bislang nur eine Pilotanlage bei Borkum möglicherweise vor der Realisierung. Im ersten Schritt sollen hier zwölf Windräder ins Wasser gesetzt werden. Zwei bis drei weitere Projekte sollen noch in diesem Jahr genehmigt werden. Die größten Chancen hat laut BSH dabei der Bürgerwindpark Butendiek vor Sylt. Hier sind bis zu 80 Windräder der Drei-Megawatt-Klasse geplant. Die Genehmigungsbehörden müssen zuvor aber eine Reihe von Fragen im Zusammenhang mit Schifffahrt, Fischerei, Umweltschutz und Sicherheit klären. Zudem sind die großen Windmühlen noch nicht serienreif und die Anbindung an die Stromnetze auf dem Festland unklar. Die Finanzunternehmen gehen denn auch davon aus, dass erst in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts Finanzierungen in größerem Umfang nachgefragt werden könnten. Unerlässliche Voraussetzung dafür sei, dass die politische Förderung der Windkraft durch Subventionen beibehalten werde.