Fonds verkaufen das Papier. Dänischer Konkurrent Pilgrim will bundesweit angreifen.

Hamburg. Was ist los bei Bijou Brigitte? Der Kurs der Aktie des erfolgsverwöhnten Hamburger Modeschmuckhändlers ist massiv gefallen - von 217 Euro vor rund einer Woche auf gestern 161,80 Euro. Zwischenzeitlich lag der Kurs sogar bei unter 150 Euro. Gestern waren damit rein rechnerisch mehr als 400 Millionen Euro Kapital an der Börse vernichtet worden. Auslöser war ein Zwischenbericht des Unternehmens, der am 12. Oktober veröffentlicht worden war. Darin war unter anderem zu lesen, dass die Umsätze von Bijou Brigitte in den ersten neun Monaten 2006 zwar um 18 Prozent zulegten, aber flächenbereinigt, also ohne die neu eröffneten Filialen, nur um 0,8 Prozent wuchsen. In dem vergangenen zwei Jahren konnte Friedrich W. Werner, der Gründer und Vorstandsvorsitzende des Unternehmens, seinen Aktionären noch jeweils ein flächenbereinigtes Umsatzplus von im Schnitt rund 14 Prozent präsentieren. Knapp mehr als 50 Prozent der Bijou-Aktien gehören Werner und seiner Familie, der Rest befindet sich in Streubesitz.

Vor allem Fonds sollen, wie das Abendblatt erfuhr, mit Verkäufen auf die schlechte Nachricht reagiert haben. "Oft löst ein großer Verkauf weitere aus", sagte Michael Harms, Analyst der Bank Delbrück Bethmann Maffei. "Einen solchen Kursrutsch hatten wir nicht erwartet. Das war eine massive Übertreibung", so Ralf Marinoni von Equinet zum Abendblatt. Er glaubt aber, dass sich die Aktie wieder erholen kann und hat ein Kursziel von 215 Euro innerhalb der nächsten sechs Monate ermittelt.

Die stagnierenden Umsätze auf gleicher Fläche sind Folge einer neuen Konkurrenzsituation, in der sich Bijou Brigitte seit einiger Zeit befindet. Als das Unternehmen vor mehr als 40 Jahren von Werner gegründet wurde, war Modeschmuck noch kein großes Thema. Doch Werner, der in Hamburg unter anderem mit dem Gründerpreis für sein Lebenswerk ausgezeichnet wurde, erkannte den neu aufkeimenden Trend. Er ließ - erst von Heimarbeiterinnen aus Norddeutschland und später in großen Stil von Fabriken in Asien - Ketten, Ringe, Uhren und andere Accessoires herstellen. Sie verkaufte er preisgünstig an modebewusste Frauen. Erst in einem Geschäft und heute in europaweit mehr als 800 Filialen. Im vergangenen Jahr machte die Bijou Brigitte AG mit diesem Schmuck einen Umsatz von mehr als 300 Millionen Euro. Der Konzerngewinn vor Steuern lag bei fast 73 Millionen Euro.

Konkurrenten waren für Bijou Brigitte bislang nur Warenhäuser und Großhändler, die Modeschmuck an Boutiquen vertrieben. Andere Ketten, die versucht haben gegen Bijou Brigitte mit einem ausgefeilten Produktions- und Ladenkonzept anzutreten, gaben dagegen schnell wieder auf oder beschränkten sich auf regionale Märkte.

Doch mit dem Vordringen großer Handelsketten wie H&M, die ihre Bekleidung nicht im Großhandel kaufen, sondern wie Bijou Brigitte selbst fertigen und in eigen Geschäften vermarkten, hat sich die Konkurrenzsituation für das Hamburger Unternehmen geändert. H&M oder auch die Kette Miss Sixty erkannten schnell die Bedeutung von Accessoires für ihre trendige Kundschaft. Die Nachfrage nach Modeschmuck stieg dadurch allerdings nicht an, aber der Markt wurde wesentlich härter umkämpft. Neues Ungemach droht dem Hamburger Unternehmen derweil von der dänischen Modeschmuckkette Pilgrim. Das Unternehmen hat seine Umsätze in Europa seit 2004 auf 66 Millionen Euro verdoppelt und will weiter wachsen. In Deutschland hat Pilgrim laut Unnternehmenssprecherin Susanne Ebbesæ bereits 650 Partner wie Boutiquen oder Drogerien, die Accessoires der Dänen verkaufen. Jetzt wurde in der Hamburger Europa-Passage auf einer Fläche von rund 100 Quadratmetern der erste eigene Pilgrim-Shop in Deutschland eröffnet und weitere sollen folgen.

Bijou Brigitte gibt sich derweil gelassen. Unternehmenssprecherin Maike Mennecke sagte dem Abendblatt, dass das Unternehmen immer angekündigt habe, dass sich die Wachstumsraten auf gleicher Fläche nicht ständig so hoch steigern ließen. "Der Konkurrenzdruck spornt uns an", sagte sie. Analyst Marinoni von Equinet sieht das nicht so euphorisch. Wegen der zunehmenden Konkurrenz schließt er nicht aus, dass bei dem flächenbereinigten Umsatz von Bijou Brigitte am Jahresende erstmals ein kleines Minuszeichen stehen könnte. In diesen Zeiten fordert der Wertpapierexperte Bijou-Chef Werner auf, ausführlicher mit seinen Aktionären zu reden. "Die Kommunuikationspolitik könnte verbessert werden."