Rüstung: Bremer U-Boot-Spezialist für 217 Millionen Euro verkauft. ThyssenKrupp und EADS setzten sich gegen Franzosen durch. Chancen für Standort Bremen. Bundesregierung begrüßt Übernahme.

Essen/Bremen. Die Bremer Rüstungsfirma Atlas Elektronik kommt wieder in deutsche Hände. Ein Konsortium aus ThyssenKrupp und EADS hat den Marineausrüster am Freitag vom britischen Rüstungskonzern BAe Systems gekauft. ThyssenKrupp erhält 60 Prozent an Atlas, der europäische Luftfahrt- und Militärtechnikkonzern EADS 40 Prozent, teilten ThyssenKrupp Technologies (TKT) und EADS am Freitag mit. Der Verkaufspreis betrage 145 Millionen Euro, so die BAe. Zudem haben sich die Käufer verpflichtet, das Defizit in der Rentenkasse von Atlas von 72,4 Millionen Euro auszugleichen.

Atlas Elektronik mit insgesamt 1750 Mitarbeitern in Bremen und Wedel ist Marktführer in der Entwicklung von Sonarsystemen für U-Boote und Zulieferer von ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS), dem deutschen Werftenverbund mit Blohm + Voss, der von Hamburg aus geführt wird. "Der Erwerb von Atlas Elektronik ist die konsequente Fortsetzung der mit dem Zusammenschluß von ThyssenKrupp und HDW begonnenen Konsolidierung der deutschen Marineindustrie", sagte Olaf Berlien, der Vorstandschef der TKMS-Mutter TKT.

Nach monatelangen Verhandlungen hat nun das deutsche Konsortium den Vorzug vor dem französischen Rüstungskonzern Thales erhalten, der mit 300 Millionen Euro das höchste Gebot abgegeben haben soll. Offensichtlich hatte aber die Bundesregierung damit gedroht, einen Verkauf an Thales mit einem Veto zu unterbinden. Nach dem Außenwirtschaftsgesetz kann sie Einspruch erheben, wenn mehr als 25 Prozent einer deutschen Rüstungsfirma ins Ausland verkauft werden.

"Wir sind bei den Gefechtsführungssystemen in Luft- und Raumfahrt gut aufgestellt. Jetzt stärken wir auch den Marinesektor", sagte EADS-Sprecher Alexander Reinhardt am Freitag dem Abendblatt. Im Verteidigungsbereich erzielt die EADS derzeit etwa 25 Prozent ihres Umsatzes, der 2005 bei mehr als 33 Milliarden Euro liegen wird. Innerhalb von fünf Jahren sollen es 30 Prozent sein. "Wir leisten mit diesem Schritt einen wesentlichen Beitrag zur Konsolidierung des deutschen Marinesystemgeschäfts. Unser Konsortium schafft damit langfristige Perspektiven am Standort Bremen", sagte der Chef der EADS-Division Defence & Security Systems, Stefan Zoller.

Der Werftenverbund TKMS, der im vergangenen Geschäftsjahr (zum 30. September) einen Umsatz von 1,7 Milliarden Euro erzielte und über Aufträge für 5,3 Milliarden Euro verfügt, sichert sich mit Atlas einen strategischen Zulieferer. Derzeit erzielen die Bremer 60 Prozent ihres Umsatzes von rund 300 Millionen Euro mit TKMS. So liefert Atlas ein integriertes Elektronik- und Sonar- (also: Ortungs-) System für die U-Boote, die bei den Nordseewerken in Emden und bei HDW in Kiel entstehen, die beide zum Werftenverbund zählen. "Wir bauen nun unsere Technologieführung bei konventionellen U-Booten aus und werden mit Atlas Systemlieferant", sagt TKT-Sprecherin Anja Gerber. "In Bremen könnten Jobs entstehen, in Wedel bleibt die Belegschaft konstant", so EADS-Sprecher Reinhardt.

Auch Atlas-Betriebsratschef Michael Ahlmann ist zuversichtlich: "Ich bin guter Hoffnung, daß der neue Shareholder gut mit uns umgeht und motiviert, anstatt Stellen zu streichen." Gegen eine Übernahme durch Thales habe der Betriebsrat dagegen große Vorbehalte gehabt, so Ahlmann. "Ohne die politische Entscheidung der Bundesregierung wäre das mit Sicherheit anders ausgegangen." Auch Inge Lies-Bohlmann von der Bremer IG Metall befürwortet den Verkauf.

Die Integration in den Verbund von ThyssenKrupp und EADS "bildet eine hervorragende Grundlage für einen europäischen Zusammenschluß der Marineindustrie, den wir politisch anstreben", sagte Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU). Die Übernahme sichere die führende Rolle Deutschlands im Wettbewerb für Überwasserschiffe und konventionelle U-Boote. Glos geht zudem ebenfalls von einer Stärkung des Standortes Bremen aus.