Und schon beginnt der Ärger, der oft mit einem Nadelstich endet

Hamburg. Wenn Sie jemand mit abschätzigem Gesichtsausdruck fragt, ob Sie ein original Douglas-Hemd tragen, dann wissen Sie dreierlei: Ihr Gegenüber ist humanistisch gebildet, arglistig, und Sie brauchen einen Satz neue Oberbekleidung. Zur Erinnerung: Theodor Fontanes unsterbliches Gedicht "Archibald Douglas" beginnt mit der Zeile: "Ich hab' es getragen sieben Jahr . . ."

Wie Sie erfahren werden, zählt der Erwerb von ein paar neuen Hemden zu den letzten großen Abenteuern unserer Zeit. Für Ihr Geld bekommen Sie neben einer modischen Hülle viele Stunden Bastelarbeit, zwei volle Mülleimer und eine Akupunktur.

So ein Qualitätshemd präsentiert sich eingeschweißt in eine Folie, die, ähnlich einer schußsicheren Weste, zunächst allen Angriffen Ihrerseits widersteht. Sind Sie erst einmal mit scharfem Schneidgerät bis zum Hemd vorgedrungen, beginnt die eigentliche Arbeit. Das Bekleidungsstück ist nämlich werksseitig versehen mit einer Vielzahl an stabilisierenden Elementen, die für eine solide Statik des Objektes im Verkaufsständer sorgen sollen.

Während Sie aus Kragen, Rücken oder Ärmeln Plastik, Metall und Pappe entfernen, wird Ihr neues Hemd immer schlapper und Ihr Mülleimer immer voller. Der Autor dieser Zeilen operierte aus einem Qualitätshemd heraus: zwei Kunststoffolien, zwei Stücke Pappe, einen Bogen Seidenpapier, eine Plastikklammer, drei Metallklammern, fünf Nadeln, ein Briefchen mit Pflegehinweisen, zwei Pappanhänger mit Barcodes. Letztere waren mit hochzähen Kunststoffäden an das Hemd gefesselt, wie man sie auch zur Ruhigstellung renitenter Serienmörder verwenden kann. Doch mit einer gehärteten Drahtschere aus dem Baumarkt war das überhaupt kein Problem.

Ein paar neue Hemden sind wie eine Tüte Walnüsse: Hinterher häuft sich viel mehr auf dem Tisch als vorher. Und beim ersten Anziehen kommt der Clou, den vor allem die Fakire und Masochisten unter den Hemdenkunden so schätzen: Ein scharfer Pieks in der Lendengegend weist auf den Standort der letzten, nie aufgespürten Nadel hin.