Hamburg. Jil Sander muß wieder ohne Jil Sander auskommen. Wie schon einmal im Jahr 2000 hat die Firmengründerin dem Hamburger Unternehmen überraschend den Rücken gekehrt. Die seit 1999 zum italienischen Prada-Konzern gehörende Jil Sander AG teilte gestern lapidar mit, "daß sie und die Designerin Jil Sander übereingekommen sind, ihre Kooperation einvernehmlich zu beenden." Eine Begründung für die Trennung von der Chefdesignerin (60) gab es nicht.
In Branchenkreisen war es aber kein Geheimnis, daß es der Modekönigin aus Norddeutschland und dem Chef des italienischen Mutterkonzerns Prada, Patrizio Bertelli, bis zuletzt nicht gelang, sich auf einen Kurs für die Hamburger Tochter zu einigen. Immer wieder soll es zu Streitigkeiten gekommen sein. Um die verlustbringende Jil Sander AG wieder profitabel zu machen, hatte Bertelli Stellen abgebaut, Geschäfte geschlossen und weitere Kostensenkungen angekündigt. Immer wieder soll es offenen Streit gegeben haben.
Jil Sanders erster Rückzug aus der Firma vor knapp fünf Jahren war jedenfalls auf schwerwiegende Differenzen mit der Prada-Spitze zurückgeführt worden. Daher galt es in der Modeszene als Sensation, daß Bertelli die kompromißlose Designerin im Mai 2003 zurückholte - wenn auch aus der Not heraus: Ohne die klare Handschrift der Gründerin war die Hamburger Marke auf dem Wege gewesen, ihre Seele zu verlieren, wie es in der Branche hieß. Die Folge: Die Umsätze sackten ab, das Unternehmen rutschte in die roten Zahlen.
Schon die erste wieder von Jil Sander selbst entworfene Kollektion, im Oktober 2003 in Mailand präsentiert, wurde von der Modewelt gefeiert. Im ersten Halbjahr 2004 stieg auch der Umsatz wieder.
Zwar hat Jil Sander zuletzt bei verschiedenen Gelegenheiten davon gesprochen, sie werde "eines Tages" wieder gehen. Sie ließ jedoch keinen Zweifel daran, daß dies erst dann in Frage komme, wenn "das Haus bestellt" ist und das Unternehmen auch ohne sie auskommen kann.