Berlin. Tonnenweise hat er bislang Butter aus Polen bezogen. Doch jetzt, klagt Karl-Heinz Reichle, "kommt nichts mehr rüber". Der Verdacht des 49 Jahre alten Molkereiingenieurs einer Käserei im Allgäu: Die EU-Beitrittsländer horten ihre Vorräte - in der Hoffnung, als Mitglied der Union vom 1. Mai an mehr zu erlösen. Hintergrund: Die EU garantiert 2,95 Euro für ein Kilo, das in Polen allenfalls 1,80 Euro kostet.
"Das sagen die ganz offen", weiß Reichle: "Wir verkaufen nichts", heiße es bei den polnischen Firmen. Auch der Wert von Weizen und Fleisch in Osteuropa werde steigen. Dann würden Händler versuchen, "große Lebensmittelmengen in die EU zu bringen".
"Wir hatten Lieferverträge, die wir in den Wind schießen mussten", ärgert sich Reichle. Ersatzweise habe die Käserei Butter in Deutschland gekauft und dafür "kräftig Geld hingelegt". Es sei nach europäischem Recht "schlicht und einfach verboten", billig produzierte Ware zu horten und sie von Mai an teuer in der EU zu verkaufen, versichert Michael Brandl, Geschäftsführer beim Bonner Milchindustrie-Verband. "Da gibt es klare Verordnungen." Und ob in den Beitrittsländern die Voraussetzungen für einen Ankauf zu EU-Preisen vorlägen, müsse geprüft werden. Das gelte für die Bedingungen auf dem Markt sowie für Qualität, Alter und Verpackung der Butter.
"Die EU-Kommission hat Regeln erlassen, die jede Spekulation sinnlos machen," sagt Georg Kreuzhuber, der Sprecher von EU-Landwirtschaftskommissar Franz Fischler. Schließlich gebe es "historische Referenzen", an denen sich messen lasse, ob die Beitrittsländer "unnatürlich hohe Lagerbestände" aufbauten. Überhänge würden mit einer Spekulationssteuer belegt, die den Gewinn neutralisiere. Kreuzhuber: "Die Polen haben sich zu Kontrollen verpflichtet. Wir kontrollieren die Kontrolleure."
Die bayerische Käserei hat sich nun mit einem Lieferanten geeinigt - auf "die Abnahme eines großen Kontingents - ohne Preis", so Reichle. Der werde erst im Juni verhandelt. "Wir können gewinnen, wir können aber auch verlieren."