Der Euro besteht den Alltag. Die Einführung klappte reibungslos. Ärger bereiten immer noch die Preiserhöhungen.
Hamburg. Dem einen gefällt ihr Aussehen mehr, dem anderen weniger. Wichtig aber ist: Euro und Cent haben ihre Bewährungsprobe im Zahlungsverkehr bisher gut bestanden. "Die Euro-Einführung ist perfekt gelaufen", zieht der Sprecher der Landeszentralbank (LZB) in Hamburg, Christoph Kreienbaum, nach gut drei Monaten Alltag mit der neuen Gemeinschaftswährung Bilanz. Bis auf längere Warteschlangen vor den Bankschaltern in der ersten Januar-Woche verlief die größte Währungsumstellung in Deutschland deutlich besser als erwartet. Alle Horrorszenarien blieben aus. "Weder ging das Bargeld aus, noch gab es mehr Überfälle auf Geldtransporter oder betrügerische Haustürgeschäfte. Selbst gute Euro-Geldfälschungen sind bisher noch nicht aufgetaucht", so der LZB-Sprecher zum Abendblatt. Die Münzen aus anderen Euro-Ländern passten hierzulande problemlos in die Automaten. Auch die Umstellungen der Konten, Versicherungen und Mietverträge verliefen fast ausnahmslos fehlerfrei. Ein Stimmungswandel hat sich dagegen bei den Verbrauchern eingestellt. Während der Euro im Januar noch euphorisch gegen die D-Mark eingetauscht wurde, sind heute viele Menschen über die zahlreichen Preisanstiege verärgert. "Viele Geschäfte und Restaurants haben die Euro-Einführung zu versteckten und offenen Preiserhöhungen genutzt", sagt Karin Kuchelmeister vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. So haben nach einer Studie der Verbraucherschützer seit Jahresbeginn allein 65 Prozent der Gastronomen und Dienstleister ihre Preise angehoben - in der Spitze um bis zu 48 Prozent. Der Handel habe dagegen vielfach schon 2001 Preise erhöht, um sie in diesem Jahr wieder leicht zu senken, sagt sie: "Unterm Strich sind die Dinge des Tagesbedarfs heute aber immer noch teurer als 2001." Die Verbraucher haben längst ihre eigene Antwort auf überzogene Preise gefunden: Sie halten sich beim Kauf zurück, verschieben die Anschaffung langlebiger Waren. "Wenn ein Produkt teurer ist als im Vorjahr, kaufe ich es nicht mehr", meint eine Hamburgerin: "Ich lasse mich jedenfalls nicht von gierigen Händlern über den Tisch ziehen." Und diese Reaktion halten auch Verbraucherschützer für richtig: "Der Handel testet jetzt neue Schwellenpreise. Wenn sich die Waren zu den neuen Preisen nicht verkaufen lassen, werden sie mittelfristig auch wieder gesenkt", ist Sebastian Sass von der Hamburger Verbraucher-Zentrale überzeugt. Er empfiehlt, mit größeren Anschaffungen noch zwei Monate zu warten, bis sich die Preise nach unten eingependelt hätten. Kaufzurückhaltungen beobachtet die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) seit Jahresbeginn auch in anderen Euro-Ländern, während in Nicht-Euro-Mitgliedsstaaten wie Großbritannien oder Dänemark die Kauflust ungebremst blieb. "In Deutschland haben wir derzeit das größte Tief in der Konsumneigung seit der Wiedervereinigung", weiß GfK-Forscher Rolf Bürkl. Den Hauptgrund dafür sieht er neben der Konjunkturflaute vornehmlich in der Preispolitik: "Wenn Verbraucher das Gefühl haben, die Preise steigen, konsumieren sie traditionell weniger." Doch der Euro bringt den Verbrauchern auch viele Vorteile, so Sass: Die Inflationsrate ist seit der Euro-Einführung im Jahresschnitt so niedrig wie nur selten zu alten D-Mark-Zeiten. Außerdem können sich Urlauber freuen: Wer in Euro-Länder reist, muss weder Geld tauschen noch teure Wechselgebühren zahlen.