Von der Kaufhausmarke zur Kollektion mit Sexappeal. Geschäft am Neuen Wall eröffnet. Von Hamburg aus soll die Firma weltweit wachsen. Bilder von der Eröffnung des neuen Joop!-Stores.

Hamburg. Dirk Schönberger sitzt lässig auf einer Lederbank im Joop-Store am Neuen Wall und spricht erstaunlich viele Wahrheiten aus. Das mag daran liegen, dass sein Pressereferent gerade mit der Fotografin durch den Laden schlendert, ein weiträumiges Geschäft in Schwarz-Rot-Grau, das gestern Abend mit viel Modeprominenz offiziell eröffnet wurde (S. 11). Aber vielleicht ist der Kreativdirektor von Joop auch einfach ein mutiger Mann, der sich als einer der Etablierten der Szene einiges erlauben kann. "Am Anfang", sagt Schönberger über die Zeit, als er zu Joop kam, "ist das Label in den Köpfen der Kunden doch nicht mehr als eine Kaufhausmarke gewesen". Kaum spürbar, dass sie von einem "echten Designer" ins Leben gerufen wurde, sagt er über Wolfgang Joop, der das Label Ende der Achtziger in Hamburg gründete.

Was verbindet Schönberger mit Hamburg als Modestadt? "Jil Sander", sagt der Mann im schwarzen Hemd und schwarzer Hose, "ihr Stil verkörpert die Stadt noch heute." Berlin, sein heutiges Zuhause, empfindet der gebürtige Leverkusener dagegen als die Heimat der Independant Designer aus den Hinterhöfen, "die hinten schneidern und vorne verkaufen".

Schönberger hat 2007 die Aufgabe übernommen, die Wolfgang Joop in seiner Firma bis 2001 bekleidete, als er das Unternehmen im Streit über die Internationalisierung verließ. Bereits 1998 hatte Joop 95 Prozent seiner Anteile an die Hamburger Wünsche AG verkauft. Im Konfliktjahr 2001 folgte der Rest und eine Zeit häufiger Eigentümer- und Designerwechsel, die der Marke das Profil nahmen. Heute ist Schönberger der Kopf, der die Linie aller Joop-Produkte wie der Herren- und Damenkollektion, aber auch von Accessoires wie Uhren und der Wohnkollektion Living bestimmt. Zusammen mit einer Handvoll Designern, die wie er noch immer in der Villa am Harvestehuder Weg arbeiten, in der schon Wolfgang Joop wirkte. Schönberger ist dem gebürtigen Potsdamer dankbar. "Sein Geist ist immer da". Er habe die Route vorgegeben, als "exzentrischer, intelligenter Mann, und es ist eine Route, die ich gerne aufgreife". Ein einziges Mal haben sich der alte und der neue Kopf von Joop bisher getroffen, bei einer Show des Kollegen Michael Michalsky. Joop hat dort über Schönberger gesagt, "jetzt muss ich mich nicht mehr schämen". Schönberger wäre aber kaum Kreativer, wenn er sich nicht auf seine eigene Schöpferkraft, auf seinen persönlichen Stil verließe. "Der Emanzipationsprozess ist in vollem Gange", sagt der 42-Jährige.

Schönberger will Joop als Designerlabel positionieren. Er nennt sich in einer Reihe mit Konkurrenten wie Boss und Lezard, setzt aber stärker auf Emotionen. Den Joop-Träger sieht er als "Kosmopolit, Entdecker und Provokateur", der eine modische Marke mit Sexappeal will. Das Preisniveau beschreibe das "Tor zum Luxus", es ist ähnlich wie bei Boss, Anzüge kosten zwischen 399 und 699 Euro.

Aber nicht nur in die Mode investiert das Unternehmen, sondern auch in den Ausbau des Verkaufs. Bei den drei eigenen Geschäften in Hamburg, Düsseldorf und Sylt wird es nicht bleiben. Die Firma nimmt Standorte in Berlin, München oder Frankfurt ins Visier. Auch in den USA und Asien will Joop weiter wachsen. Schönberger ist dankbar, dass sein Arbeitgeber "einen langfristigen Aufbau der Marke" erlaubt. Dafür stehe die Muttergesellschaft Holy Fashion (Strellson, Windsor, Tommy Hilfiger), ein Familienunternehmen aus der Schweiz, das seit 2008 Alleineigentümer von Joop ist.

Die gute Nachricht für Hamburg: Die Joop-Zentrale in der Hansestadt mit ihren 40 Mitarbeitern steht trotz der Schweizer Mutter nicht zur Disposition. Hamburg ist und bleibt "Herkunft und Zentrum der Marke". Und möglicherweise verbindet die Modeszene die Stadt bald auch wieder mit Joop. Und nicht nur mit Jil Sander.