Börsen reagieren mit Kurssprüngen. Risiko tragen die Steuerzahler. Kongress muss noch zustimmen.

Hamburg. Bei der Bewältigung der Finanzmarktkrise will die US-Regierung nun private Investoren mit einbinden. Großanleger wie Versicherungen oder Pensionsfonds sollen gemeinsam mit dem Staat den krisengeschüttelten Banken faule Kreditpapiere im Wert von 500 bis 1000 Milliarden Dollar abkaufen. Einen entsprechenden Plan stellte der US-Finanzminister Timothy Geithner gestern vor.

Allerdings müssen die Privatinvestoren zunächst nur einen kleineren Teil der Kaufpreise selbst aufbringen, den Löwenanteil können sie sich von der staatlichen Einlagensicherung und der Notenbank zu günstigen Zinsen leihen. Außerdem steuert die Regierung 75 bis 100 Milliarden Dollar aus dem bereits im Oktober aufgelegten Bankenrettungspaket über 700 Milliarden Dollar bei. Somit trägt weitgehend der Steuerzahler das Risiko des Rettungsplans. Dafür wird er jedoch auch an Gewinnen beteiligt, die sich aus der späteren Verwertung der Kreditpapiere ergeben können.

Man versuche auf diese Weise, "eine Balance zu finden, die besser für den Steuerzahler ist", sagte Geithner gestern in Washington. Stimmt der Kongress dem Vorhaben zu, können Banken ihre Problempapiere meistbietend versteigern und sich damit von Altlasten befreien. Damit erhielten diese Papiere wieder einen Marktwert, nachdem im vergangenen Jahr der Markt dafür völlig zusammengebrochen war.

An den Börsen, vor allem in New York, sorgten die Pläne für eine geradezu euphorische Stimmung. Der Dow-Jones-Index lag zeitweise um mehr als vier Prozent im Plus und auch deutsche Bankentitel verteuerten sich deutlich.

"Aus der Sicht der Börse ist das berechtigt", sagte der Bankenexperte Wolfgang Gerke dem Abendblatt. "Mit Blick auf die nächste Generation muss man dies vielleicht anders beurteilen, aber das interessiert die Aktienhändler ja nicht." Ihm werde "langsam Angst und Bange, wenn ich sehe, wie viel Geld man für die Hilfsprogramme in die Hand nimmt", erklärte Gerke. "All dies ist nur zu verantworten, wenn man damit die Wirtschaft so kräftig in Schwung bringen kann, dass man von den jetzt aufgehäuften Schulden wieder etwas abträgt. Aber ohne Inflation wird das wohl nicht gehen."

Skeptisch äußerte sich auch Keith Wade, Chefvolkswirt des Londoner Vermögensverwalters Schroders, zu dem Bankenrettungsplan. Er halte "einen durchschlagenden Erfolg dieser Vorgehensweise für wenig wahrscheinlich", sagte Wade mit Blick auf die globale Dimension der Probleme. So hätten die Abschreibungen der Banken auf faule Kreditpapiere weltweit bisher die Summe von 1,2 Billionen Dollar erreicht. Hingegen sei zur Stützung des Bankensektors rund um den Globus bisher gerade einmal etwas über eine Billion Dollar Kapital aufgebracht worden. "Was noch mehr beunruhigt: Nach den letzten Schätzungen des Internationalen Währungsfonds und der Bank of England werden sich die Abschreibungen letztendlich auf drei Billionen Dollar belaufen", so Wade. Damit sei es sehr wahrscheinlich, dass weitere staatliche Eingriffe erforderlich sind: "Zwei Billionen Dollar an schlechten Nachrichten stehen uns also noch bevor."

Hinzu kommt: Mit der "Entgiftung" der Bilanzen wird noch nichts dafür getan, dass sich ein ähnliches Fehlverhalten von Bankmanagern wie in den zurückliegenden nicht demnächst wiederholt. Daher müssten auch noch strukturelle Änderungen folgen, meint Gerke: "Schärfere Kontrollen zum Beispiel bei Hedgefonds wären für die USA, die sich gegen entsprechende Forderungen Europas immer gewehrt haben, schon ein Riesenschritt." Es wird erwartet, dass Geithner demnächst auch hierfür seine Vorstellungen präsentiert.

Würden die Weichen richtig gestellt, gebe es durchaus Anlass zur Hoffnung, so Gerke: "Es hat sich immer wieder gezeigt, dass die USA schneller aus wirtschaftlichen Schwierigkeiten herauskommen als andere Teile der Welt."