Nach dem Kieler Schuldspruch droht Gerhard Schmid wegen Untreue aber ein weiteres Gerichtsverfahren.

Kiel. Der Gang ins Gefängnis bleibt Mobilcom-Gründer Gerhard Schmid (56) vorerst erspart. Eine Strafkammer des Landgerichts Kiel verurteilte den früheren Börsenstar gestern wegen vorsätzlichen Bankrotts zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten. Doch seine Situation könnte sich schon bald wieder ändern. Denn dem Ex-Milliardär steht nach Abendblatt-Informationen bereits ein weiterer Prozess ins Haus.

Schon in wenigen Monaten muss sich Schmid erneut vor der Kieler Kammer verantworten - dann wegen Untreue. Der Vorwurf: Schmid soll 2001 im Zuge eines Aktienoptionsprogramms insgesamt 70 Millionen Euro aus der Mobilcom-Kasse an die Firma Millennium überwiesen haben, die seiner Ehefrau gehörte, sagte Staatsanwalt Axel Goos dem Abendblatt. Die Anklage sei vom Oberlandesgericht Schleswig teilweise zugelassen. "Für Herrn Schmid geht es dann um Alles oder Nichts."

Schon vom gestrigen Bankrotturteil wurde Schmid kalt erwischt. Der frühere Firmenchef hatte bis zuletzt auf einen Freispruch gehofft. Als der Vorsitzende der Wirtschaftsstrafkammer, Oliver William, das Urteil verkündet, schießt Schmid das Blut in den Kopf. Errötet zuckt er mit den Achseln. "Das Urteil hat mich überrascht", sagte Schmid und kündigte an, Revision beim Bundesgerichtshof einzulegen.

Für die Kammer bestand nach dem Mammutverfahren mit 39 Prozesstagen kein Zweifel, dass Schmid im Herbst 2002 die Zahlungsunfähigkeit drohte und er daher insgesamt 1,24 Millionen Euro ins Fürstentum Liechtenstein transferierte. "Hier hat jemand systematisch Vermögenswerte auf die Seite geschafft", urteilte William und schilderte, wie Schmid nach seinem rasanten Aufstieg zu einem der reichsten Männer Deutschlands jäh abstürzte. "Schmid war 2000 noch ein erfolgreicher Geschäftsmann", so William. Der Mobilcom-Manager habe an der Kieler Hörn einen Büro- und Wohnungskomplex errichten wollen, dafür bei der Sächsischen Landesbank (LB) ein Darlehen über gut 100 Millionen Euro erhalten. Als Sicherheit für den Kredit hinterlegte Schmid Mobilcom-Aktien, die allerdings schnell an Wert verloren. Die SachsenLB verlangte mehrfach eine Nachbesicherung. Sie legte die Hand auf das Hörn-Projekt, kündigte im Frühjahr 2002 gleichwohl das Darlehen und bereitete eine Pfändung vor.

Im Herbst überwies Schmid erst 240 000, dann 500 000 Euro auf sein privates Konto in Liechtenstein. Dort landeten nochmals 500 000 Euro, die Schmidt aus dem Verkauf von Firmenanteilen an seine Ehefrau erhielt. Laut Kammer wollte Schmid so "einen relativ hohen Betrag" vor dem Insolvenzverwalter in Sicherheit bringen. Über die Behauptung der Verteidigung, Schmid habe nur Verpflichtungen aus dem Ehevertrag erfüllt, schüttelte William nur den Kopf. "Man fragt sich, was man sich so alles erzählen lassen muss."

In einem anderen Punkt gab das Gericht den hartnäckigen Verteidigern, die mehr als 130 Beweisanträge stellten, allerdings recht. Demnach war die Kündigung des Kredits durch die SachsenLB unwirksam, weil die Bank ihre Forderungen falsch berechnet hatte.

Die Kammer stellte aber zugleich klar, dass Schmid damals das Wasser so oder so bis zum Hals stand und er trotz "drohender Zahlungsunfähigkeit" Vermögen beiseite schaffte. Klar ist, dass die Erfolgsgeschichte des Mobilcom-Gründers, der 1991 mit einer Mitarbeiterin gestartet war, mit einer bitteren Pleite endete. Schmid meldete im Februar 2003 Privatinsolvenz an.

Beim Strafmaß für den Bankrott, das bis zu fünf Jahre Gefängnis sein kann, berücksichtigte die Kammer zum einen, dass Schmid "Ersttäter" war. Zum anderen gelten bei der Bewährungsstrafe von den 21 Monaten bereits fünf als verbüßt, weil Schmid über Jahre auch wegen der Überlastung der Justiz auf ein Urteil warten musste.

Das nächste Verfahren, bei dem wiederum die Kieler Kammer von William zuständig ist, dürfte Ende 2009 anlaufen. Goos geht davon aus, dass im Fall eines weiteren Schuldspruchs die neue mit der gestrigen Strafe verbunden werde. Dies könnte herbe Konsequenzen für Schmid haben: Eine Gesamtstrafe von mehr als 24 Monaten würde nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt, sondern müsste von Schmid im Gefängnis abgesessen werden.