Deutschlands Top-Banker muss hohe Milliardenverluste verkünden. Experte rechnet mit weiteren Hiobsbotschaften.

Hamburg. Wie sehr sich die Finanzkrise auch zuspitzte - Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann stand immer über ihr. Noch im Herbst schwor er seine Führungskräfte ein: "Es wäre eine Schande, wenn wir einräumen müssten, das wir Geld vom Steuerzahler brauchen", soll er vor ihnen gesagt haben. Da hatte die Bundesregierung gerade einen Rettungsschirm für Banken mit einem Volumen von 480 Milliarden Euro etabliert. Der Krach mit der Kanzlerin war programmiert, doch störte das den 60-jährigen Schweizer nicht. Deutschland sollte stolz darauf sein, eine Bank zu haben, die in schwieriger Zeit Gewinn erziele, verkündete er Anfang November vor den Fernsehkameras. Nicht ohne der Konkurrenz gleich noch einen mitzugeben: Natürlich gebe es Banken "die wirklich schwach sind und gerettet werden müssen. Die sollten so schnell wie möglich unter den Rettungsschirm".

Spätestens seit gestern könnten ihm diese Sprüche zum Verhängnis werden, ja sogar einen unrühmlichen Abgang einleiten. Die Deutsche Bank ist zumindest angezählt. Denn die gestern veröffentlichten Zahlen zeigen, wie schwer inzwischen auch Deutschlands größte Bank von der Finanzmarktkrise betroffen ist. Allein für das vierte Quartal 2008 musste ein Verlust von 4,8 Milliarden Euro verbucht werden. "Wir sind sehr enttäuscht", sagte Ackermann dazu. Zur Enttäuschung kommt noch ein Eingeständnis: "Das extrem schwierige Marktumfeld hat einige Schwächen in der Bank aufgezeigt." Die Folge: Mit 3,9 Milliarden Euro wird das Geldhaus für 2008 den größten Verlust in der Firmengeschichte verbuchen. Noch 2007 hatte die Bank 6,5 Milliarden Euro Gewinn erzielt. Seine Mitarbeiter ließ Ackermann Mitte November wissen: Nach ein paar Neupositionierungen und Anpassungen "haben wir das Potenzial, langfristig die Rekordergebnisse des Jahres 2007 wieder zu erreichen und auch zu übertreffen".

Nach dem gestrigen Tag erscheint dieser Weg länger denn je. Denn die seit September 2008 geplante Übernahme der Postbank gelingt nur noch mit indirekter staatlicher Unterstützung. Gerade das, was Ackermann immer vermeiden wollte. Denn größter Aktionär wird die vom Bund mitkontrollierte Deutsche Post sein, die sich mit acht Prozent an Deutschlands größtem Geldhaus beteiligt und damit größter Einzelaktionär wird. Nur auf diese Weise ließ sich offenbar die geplante Übernahme der Postbank durch die Deutsche Bank noch schultern, ohne die Kernkapitalquote der Deutschen Bank unter die magische Grenze von zehn Prozent zu drücken. Hauptaktionär der Postbank ist die Deutsche Post. Auch die Postbank hat inzwischen schwer unter der Finanzkrise gelitten.

Doch innehalten tut Ackermann nur für kurze Zeit. Dann ist er doch wieder der alte Kämpfer, als wären nicht eben Milliardenverluste verkündet worden. Trotz des höchsten Verlustes in der Firmengeschichte lehnt er Staatshilfen kategorisch ab. "Wir sind mittlerweile die einzige Investmentbank weltweit, die weder auf Staatsfonds zurückgreifen noch den Steuerzahler belasten muss", sagte er. Das solle auch so bleiben. Auch müssten keine Wertpapiere an eine "Bad Bank" ausgelagert werden, um die Bilanz zu schonen.

Dazu trägt auch bei, dass die Details zur Übernahme der Postbank nachverhandelt wurden. Der Gesamtwert der Transaktion beläuft sich weiterhin auf 4,9 Milliarden Euro, doch die Übernahme der größten Filialbank erfolgt kapitalschonender und wird zum Teil mit eigenen Aktien der Deutschen Bank finanziert. "Der größte Vorteil für die Deutsche Bank ist, dass sie nicht mehr bar bezahlen muss", sagt Christian Hamann von der Haspa.

Nach dem Rekordverlust im vierten Quartal seien "weitere materielle negative Effekte nicht zu erwarten", sagte Ackermann. Experten sehen das allerdings skeptisch. "Es ist damit zu rechnen, dass sich immer wieder neue Löcher offenbaren", sagt Hamann. Mit Fortschreiten der Rezession sei auch im klassischen Firmenkundengeschäft ein Anstieg der Risikovorsorge zu erwarten. "Wenn die nächsten Quartale ähnlich schlecht ausfallen, wird auch die Deutsche Bank staatliche Hilfen in Anspruch nehmen müssen", sagt der Frankfurter Betriebswirtschaftsprofessor Martin Faust. Die Situation in der deutschen Bankenlandschaft entwickle sich zunehmend wie in England und Frankreich. In Großbritannien ist der Staat mittlerweile an allen Großbanken beteiligt. "Doch je länger die Krise dauert, je mehr Kredit- und Wertpapierabschreibungen notwendig werden, desto enger wird es auch für die deutschen Banken", sagt Faust. Das gilt auch für Ackermann. Sein Vertrag läuft aber ohnehin 2010 aus.