Russischer Präsident kritisiert einseitige Vertragsänderung. Weiter keine Gaslieferung.

Moskau/Kiew. Eine Lösung des Energiestreits schien zum Greifen nahe. Hatten Russland und die Ukraine doch nach zähen Vermittlungsbemühungen der Europäischen Union (EU) am Wochenende eine Vereinbarung unterzeichnet, die die Stationierung einer Beobachtermission an den ukrainischen Transit-Erdgasleitungen vorsieht. Doch am Sonntagabend erklärte der russische Präsident Dmitri Medwedew, er habe die Regierung angewiesen, das Abkommen nicht umzusetzen. In einem vom russischen Fernsehen übertragenen Gespräch zwischen Medwedew und Außenminister Sergej Lawrow sagte der Präsident, Russland sei gezwungen, das Dokument für "null und nichtig" zu erklären. Grund sei ein Verstoß von ukrainischer Seite gegen das Abkommen. Er rief die Ukraine auf, ihre gesonderte Erklärung zu dem Abkommen zurückzunehmen.

Zuvor hatte die EU-Kommission in Brüssel der Darstellung des russischen Energieriesen Gazprom widersprochen, eine von Kiew unterzeichnete Fassung des Abkommens zur Beilegung des Gasstreits sei nicht eingegangen. Alle Beteiligten hätten die Vereinbarung zum Einsatz von Beobachtern entlang der Pipelines durch die Ukraine unterzeichnet und unterschriebene Fassungen des Abkommens erhalten. Es gebe "keinerlei Grund, die Wiederaufnahme der Lieferungen hinauszuzögern". Die Energieminister der EU kommen heute zu einem Sondertreffen über die Gaskrise zusammen.

Die Gaslieferungen für Europa ließen wegen des anhaltenden Streits weiter auf sich warten. Die Beobachter von Gazprom und der EU seien bereit, "so bald wie möglich" zu den Kontrollstationen entlang der Gaspipelines zu fliegen. Insgesamt sollen jeweils 25 Experten für die Überwachung der Lieferungen zuständig sein. Die ersten Beobachter waren bereits im Laufe des Sonntags in der Ukraine eingetroffen. Doch selbst bei rascher Wiederaufnahme der russischen Lieferungen würde es geschätzte drei Tage dauern, bis wieder Gas in Westeuropa ankommt.

Unterdessen stürzte am Sonntag ein Gazprom-Hubschrauber in Sibirien ab. Dabei kamen sieben Menschen ums Leben - darunter Alexander Kosopkin, ein wichtiger Duma-Repräsentant von Russlands Staatschef Dmitri Medwedew. Zu den Überlebenden des Absturzes gehörten der Vize-Regierungschef der Altai-Region, Anatoli Bannich, sowie der Pilot des Hubschraubers.