Zum 1. Juni treten die neuen AOK-Rabattverträge für 63 häufig verschriebene Wirkstoffe in Kraft. Die Kasse rühmt sich, damit ein “unerfreuliches ständiges 'Pille-wechsel-dich'-Szenario“ zu beenden - viele Patienten müssen aber künftig auf vertraute Medikamente verzichten.

Berlin. AOK-Versicherte müssen sich darauf einstellen, ab 1. Juni ihre vertrauten Arzneimittel zu wechseln. Denn dann sollen die neuen AOK-Rabattverträge für 63 sehr häufig verschriebene Wirkstoffe bundesweit in Kraft treten, wie der AOK-Bundesverband am Freitag mitteilte. Der Marktführer der Krankenkassen mit insgesamt 24 Millionen Versicherten erhofft sich davon Einsparungen in dreistelliger Millionenhöhe.

Besteht ein Rabattvertrag, dürfen Apotheker Versicherten der jeweiligen Krankenkasse nur noch die entsprechenden Mittel des Vertragspartners abgeben. In der Praxis bedeutet dies, dass Patienten, die an das Präparat eines bestimmten Herstellers gewöhnt sind, sich umstellen müssen. Das führt häufig zu Irritationen, auch wenn der Wirkstoff gleich ist.

Ab 1. Juni werden nach Einschätzung von Branchenkennern zum Beispiel fast alle AOK-Patienten, die das sehr häufig verschriebene Magenmittel Omeprazol nehmen, sich auf ein neues Präparat mit dem gleichen Wirkstoff einstellen müssen. Denn ein einziger Hersteller mit einem bisher sehr kleinen Marktanteil erhielt den Zuschlag für den AOK-Rabattvertrag und soll nun bundesweit den gesamten AOK-Markt beliefern. Bisher ist Omeprazol von 48 verschiedenen Anbietern auf dem Markt.

Unruhe in der Pharmabranche

Die AOK verweist hingegen auf Vorteile für Patienten. Denn auch ohne Rabattverträge müssten Patienten auf das günstigste Mittel umsteigen. Nun könnten sie sicher sein, zumindest für 24 Monate das gleiche Mittel zu bekommen - so lange gelten die Rabattverträge. Damit werde ein "aus medizinischer Sicht unerfreuliches ständiges 'Pille-wechsel-dich'-Szenario" faktisch beendet.

Eigentlich sollten die AOK-Rabattverträge bereits zum 1. März starten. Doch hatten Pharmahersteller, die bei der Ausschreibung nicht zum Zuge kamen, mit Klagen das Inkrafttreten verzögert. Nun sollen alle rechtlichen Hindernisse bis zum 1. Juni aus dem Weg geräumt sein, wie der zuständige AOK-Unterhändler Christopher Hermann mitteilte.

Die Rabattverträge waren mit den jüngsten Gesundheitsreformen ermöglicht worden und sind von der Politik auch ausdrücklich erwünscht. Zusammen mit anderen politischen Eingriffen haben sie zu Preissenkungen bei patentfreien Arzneien (Generika) geführt, von denen die Krankenkassen profitieren. Der Preiskampf ist nach Darstellung des Branchenverbands Pro Generika inzwischen so stark, dass einige Hersteller um ihre Existenz oder zumindest um die heimische Produktion fürchten. Die AOK sieht die Verträge hingegen als Möglichkeit, die benötigten Wirkstoffe für ihre Patienten möglichst billig zu bekommen.