Deutschland-Chef Wouda Kuipers im Abendblatt-Interview über das gesetzliche Rauchverbot, Zigarettenschmuggel und 80 neue Arbeitsplätze, die Reemtsma bis 2012 in Hamburg schaffen will.

Hamburg. Abendblatt:

Herr Wouda Kuipers, wie steht Reemtsma in Zeiten der Rezession da?

Titus Wouda Kuipers:

Die Tabakbranche ist weniger konjunkturanfällig. Natürlich spüren wir, dass die Zahl der Raucher jedes Jahr leicht zurückgeht. Aber wir haben im vergangenen Geschäftsjahr bei einem Umsatz von 840 Millionen Euro einen Gewinn vor Steuern in Höhe 391 Millionen Euro erwirtschaftet. Zuvor waren es 751 Millionen Umsatz.



Abendblatt:

Also sind Kurzarbeit und Stellenabbau in Hamburg kein Thema?

Wouda Kuipers:

Nein: Im Rahmen der Altadis-Übernahme durch unseren Mutterkonzern Imperial Tobacco haben wir weltweit das Produktionsmanagement in Hamburg konzentriert. Dies wird in Hamburg sogar bis 2012 rund 80 weitere Arbeitsplätze schaffen. Heute sind in unserer Unternehmenszentrale rund 850 Mitarbeiter tätig.



Abendblatt:

In Hamburg wird die Einführung eines totalen Rauchverbots diskutiert. Wie wird sich Reemtsma als Tabakkonzern gegen die Pläne der Stadt wehren?

Wouda Kuipers:

Vorweg: Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass erstens nur dann in Gaststätten geraucht werden darf, wenn dafür ein separater Raum vorhanden ist und zweitens die kleineren Kneipen sich entscheiden können, ob sie ein Raucher- oder ein Nichtraucherlokal sein wollen. Diese Lösung ist gut, sie bietet Rechtssicherheit und wird überall in Deutschland so umgesetzt. Jeder kann mit dieser Lösung leben, auch wir.



Abendblatt:

Aber die Politik in Hamburg nicht.

Wouda Kuipers:

Nichtraucherschutz ist sehr wichtig. Deshalb haben wir uns immer für einen Interessenausgleich zwischen Rauchern, Nichtrauchern und Wirten eingesetzt. Aber wir brauchen einen Weg des Miteinanders und nicht des Gegeneinanders. Auch jetzt suchen wir den Dialog mit der Stadt. Denn eine Insellösung, wie Hamburg sie diskutiert, ist nicht dienlich. Die Bürger sind mündig und sollten selbst entscheiden dürfen, was sie mögen und was nicht.



Abendblatt:

Wird Reemtsma Klage einreichen?

Wouda Kuipers:

Nein. Leidtragende eines absoluten Rauchverbots wären die Gastronomen, die weitere Gäste verlieren würden. Das bestätigt sogar das Statistische Bundesamt, das Umsatzrückgänge um bis zu 14,1 Prozent in Gaststätten mit Rauchverbot errechnet hat. Gastronomieverbände erwarten sogar ein Minus von 30 Prozent. In der Folge werden viele Wirte aufgeben müssen. Wirte werden wohl dagegen klagen. In Hamburg gibt es 500 000 Raucher. In ganz Deutschland sind ein Drittel aller Erwachsenen über 18 Jahre Raucher. Hamburg könnte mit einem totalen Rauchverbot Zustände wie in Bayern riskieren.



Abendblatt:

Sie spielen auf die letzte Landtagswahl an, als die CSU nach der Einführung des Rauchverbotes erstmals seit Jahrzehnten bei einer Landtagswahl ihre absolute Mehrheit verlor. Ist das nicht gewagt?

Wouda Kuipers:

Nein, denn die Konsumenten lassen sich nicht gern von der Politik bevormunden. Die Tausenden "Raucherclubs" in Bayern waren ein Beleg dafür. Politik sollte für den Menschen gemacht werden, nicht gegen ihn.



Abendblatt:

Wie hat sich das bisherige Rauchverbot auf den Zigarettenabsatz in Deutschland ausgewirkt?

Wouda Kuipers:

Im vergangenen Kalenderjahr ging der Absatz um drei Prozent auf 87 Milliarden Fabrikzigaretten zurück. In den Vorjahren betrug der Rückgang immer etwa ein Prozent. Das heißt, zwei Prozentpunkte entfallen auf das Rauchverbot. Das liegt unter unseren Erwartungen. Zudem gehen wir davon aus, dass sich dieser Rückgang wie in anderen Ländern auch mittelfristig wieder ausgleicht. Doch wir haben ein weitaus größeres Problem: Jede fünfte der in Deutschland gerauchten Zigarette ist geschmuggelt. Mit diesem Thema sollte sich die Politik stärker befassen.



Abendblatt:

Der Zoll ist gegen Schmuggler doch erfolgreich.

Wouda Kuipers:

Der Zoll leistet zwar eine gute Arbeit mit seinen Grenzkontrollen. Aber wird brauchen auch die Hilfe von der Landespolizei und den Ordnungsämtern, die die Verkäufer geschmuggelter Zigaretten vor Ort stoppen. Auch hier in Hamburg. Bei den Routinekontrollen in Kneipen, Märkten und auf der Straße. Das ist kein großer Aufwand. Kennen Sie die Marke Jin Ling? Diese Marke gibt es offiziell gar nicht in Deutschland. Sie ist verboten. Trotzdem wird sie überall verkauft und ist schon unter den Top Ten.



Abendblatt:

Sie ist aber wesentlich günstiger.

Wouda Kuipers:

Und keiner weiß genau, welche Stoffe sie enthält. Zigarettenschmuggel ist kein Kavaliersdelikt sondern organisierte Kriminalität!