Regierung in Reykjavik beruhigt aber Sparer: Auslandsschulden werden bezahlt. Doch Experten rechnen damit nicht vor dem Sommer. Bundesregierung bietet Kredit an.

Hamburg. Lieselotte K. ist mehr als erbost über diese Hängepartie: "Ich ärgere mich höllisch, dass sich die Entschädigung jetzt weiter verzögern wird", sagte die Hamburger Freiberuflerin gestern dem Abendblatt. "Was da abläuft ist nicht nachvollziehbar." Sie ist eine von rund 31 000 deutschen Kunden der isländischen Kaupthing-Bank, die seit Oktober 2008 nicht mehr an ihr Geld kommen. Mit dem Zusammenbruch der Bank im Zuge der Finanzkrise wurde das Vermögen eingefroren. Seit gestern zittert Lieselotte K. sogar um ihre angelegten 20 000 Euro.

Denn Islands Staatspräsident hatte mit der Ablehnung der Entschädigung der deutschen Sparer gedroht. Es geht um rund 300 Millionen Euro, die die inzwischen verstaatlichte Bank mit Zinsen von 5,65 Prozent eingesammelt hatte. Werbebotschaft: "Zinsen auf hohem Niveau. Vertrauen auf lange Sicht." Das wurde jetzt endgültig verspielt. Den isländischen Steuerzahlern sei es nicht zu vermitteln, dass sie jetzt auch noch für die Verluste deutscher Sparer aufkommen müssten, sagte Islands Staatspräsident Ólafur Ragnar Grimsson der "Financial Times Deutschland". Noch vor wenigen Tagen hatte die Bank angekündigt, die Guthaben der deutschen Sparer auszahlen zu wollen. 80 Prozent der Summe seien bereits verfügbar.

Inzwischen bemüht sich Island um Schadensbegrenzung. Das isländische Kabinett versicherte gestern, Auslandsschulden nach dem Zusammenbruch der drei größten Banken zu begleichen. Auch das Bundesfinanzministerium betonte, durch die Äußerungen des Präsidenten habe sich an der rechtlichen Lage nichts geändert. Die isländische Einlagensicherung müsse für Einlagen bis 20 887 Euro aufkommen. "Wir stehen auch weiterhin zu dem Angebot, den isländischen Einlagensicherungsfonds mit einem Kredit zur Entschädigung der deutschen Sparer zu unterstützen", so ein Sprecher des Finanzministeriums zum Abendblatt.

"Den Worten des isländischen Präsidenten würde ich nicht so hohe Bedeutung beimessen", sagte Rechtsanwalt Florian Johst. Der Anwalt vertritt mehrere Hundert deutsche Kleinanleger und institutionelle Anleger gegenüber der Kaupthing-Bank. Islands Präsident habe nur repräsentative Aufgaben und könne nicht direkt auf die Politik Einfluss nehmen. Johst rechnet aber damit, dass sich die Anleger weiter in Geduld üben müssen. "Die Frist zur Annahme von Ansprüchen ist bis Ende April verlängert worden. Vorher wird es keine Auszahlungen geben", sagte er. Er rechnet frühestens im Juli mit einer Auszahlung, wenn die neue isländische Regierung im Amt sei. "Während des Wahlkampfes ist nicht damit zu rechnen, dass Mittel für eine Auszahlung der ausländischen Sparer zur Verfügung gestellt werden. Denn man muss bedenken, dass die Volkswirtschaft am Boden liegt und die Stimmung im Land verheerend ist", so Johst. Zur Beruhigung der Anleger regte er eine Teilauszahlung an. "Wenn 80 Prozent des Geldes vorhanden sind, dürfte das kein Problem sein."

Der Inselstaat leidet wie kaum ein Land unter der Wirtschaftskrise. Ein Staatsbankrott von Island konnte im Herbst 2008 nur durch einen Milliardenkredit des Internationalen Währungsfonds verhindert werden. Das Land wird von einer Übergangsregierung geführt, nachdem der frühere Premierminister Geir Haarde wegen der Krise zurücktreten musste. Neuwahlen sind für Mai geplant. Die 320 000 Bürger Islands haben nach dem Zusammenbruch der führenden Banken neben der steigenden Arbeitslosigkeit auch mit Leitzinsen von knapp 20 Prozent und einer hohen Teuerungsrate zu kämpfen.


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