90 Stunden Arbeit pro Woche, Geldstrafen bei Fehlern, kein Mutterschutz: Die Organisation Südwind hat in ihrer aktuellen Studie ein düsteres Bild der Aldi-Zulieferer in China gezeichnet. Menschenrechtler fordern deshalb bindende Regeln für Unternehmen, die in Drittweltländern produzieren lassen.

Siegburg. Die beim führenden deutschen Billig-Supermarkt Aldi angebotenen Waren werden laut einer Menschenrechtsorganisation oft unter unwürdigen Bedingungen hergestellt.

Das geht aus einer Studie der Nichtregierungsorganisation Südwind hervor, die Aldi-Zulieferer für sogenannte Aktionsware in Südchina untersuchte. Die überprüften Fabriken stellen Elektronik, Haushaltswaren, Kosmetik und Textilien her. Bei den Discountern machen Nicht-Lebensmittel einen immer größeren Teil des Sortiments aus.

Laut Südwind müssen die meist weiblichen Beschäftigten in den dortigen Fabriken bis zu 90 Stunden pro Woche arbeiten. Der Arbeitsdruck sei sehr hoch, Fehler würden teils mit Geldstrafen geahndet. Außerdem erhielten Frauen keinen Mutterschutz, die Bildung unabhängiger Gewerkschaften sei untersagt.

"Verletzungen von Arbeits- und Frauenrechten"

"Es handelt sich um Verletzungen von Arbeits- und Frauenrechten, wie sie in der arbeitsintensiven Industrie Chinas durch den Preisdruck von hiesigen Importunternehmen typisch sind", erklärte Südwind-Mitarbeiterin Ingeborg Wick, die die Studie federführend betreute. Südwind hatte bereits im Jahr 2007 eine Studie über Aldi-Textil-Zulieferer mit ähnlichen Ergebnissen veröffentlicht.

Bei Aldi war niemand zu einer Stellungnahme bereit. 2008 hatte das Unternehmen allerdings in Reaktion auf ähnliche Vorwürfe in seinen Filialen Broschüren verteilt. Darin verwies Aldi darauf, Mitglied der Business Social Compliance Initiative (BSCI) zu sein, in der sich zahlreiche europäische Handelsunternehmen für die Einhaltung von arbeitsrechtlichen Standards bei ihren Zulieferern verpflichten.

Südwind allerdings kritisiert, dass es sich bei BSCI um eine Initiative handle, die lediglich auf Selbstverpflichtungen der Industrie basiere. Die Organisation verlangt von den Handelsunternehmen, sich stattdessen bindenden Regeln zu unterwerfen, wie sie vom EU-Parlament gefordert werden.

Die globalisierungskritische Organisation Südwind will mit ihrer Arbeit den Blick auf den Zusammenhang zwischen dem Verhalten der Verbraucher in Industrieländern und den Lebensbedingungen der Produzenten in der dritten Welt lenken.