Rund 17 Millionen Tonnen Erdöl sind in der Region um Kiel bis zur Jahrtausendwende gefördert worden. Jetzt wird wieder nach den heimischen Ressourcen geforscht: Mitarbeiter des Energiekonzerns RWE Dea erstellen ein seismisches Bild des Untergrunds - sie erhoffen sich weitere zehn Millionen Tonnen Öl.
Preetz. Schon seit 15 Jahren sucht Kai-Uwe Paulat nach fossilen Rohstoffen. Der Spezialist für Seismik hat sich bereits in Trinidad und Österreich mit der Erkundung geologischer Formationen beschäftigt. Seit sein Team im Norden Deutschlands ein seismisches Bild des Untergrundes erstellt, kann der Kieler erstmals zwischen den Schichten zu Hause schlafen: Gemeinsam mit rund 130 Kollegen der Essener Firma DMT erkundet er derzeit den geologischen Untergrund im Osten Kiels und im Landkreis Plön.
Bis in die 1990er Jahre hinein war in diesem Bereich und auch im Kreis Ostholstein mit sogenannten Pferdekopfpumpen Erdöl gefördert worden. Im Jahr 2000 stellten wegen des seinerzeit niedrigen Ölpreises von zehn Dollar pro Barrel schließlich auch die beiden Bohrinseln Schwedeneck-See in der Kieler Bucht die Produktion ein. Bis dahin waren in der Region insgesamt rund 17 Millionen Tonnen gefördert worden.
Seit dem rapiden Anstieg des Ölpreises werden die heimischen Lagerstätten nun erneut wirtschaftlich interessant. "Öl ist wieder ein Thema", sagt Hartmut Pick, der Sprecher des Wirtschaftsverbandes Erdöl- und Erdgasgewinnung. Gleiches gelte für Erdgas. Die Fördertechnik sei ähnlich und in beiden Fällen weiter fortgeschritten. Seismische Untersuchungen habe es in den vergangenen Jahren beispielsweise auch in Greetsiel und nördlich von Gifhorn (beides Niedersachsen) gegeben. Bohrungen seien dort allerdings noch nicht erfolgt. Ein Erdöl-Projekt im rheinland-pfälzischen Speyer sei dagegen bereits in der Testphase.
"Noch einmal zehn bis 15 Millionen Tonnen Erdöl"
So weit ist der Energiekonzern RWE Dea im Raum Kiel noch nicht. Dort soll bis Ende Februar die Seismik abgeschlossen sein. Im Umfeld der bereits erschlossenen Erdöllagerstätten in der Region werden noch weitere kleine Ölfelder, sogenannte Schollen, vermutet. "Wir erhoffen uns hier noch einmal zehn bis 15 Millionen Tonnen Erdöl", sagt Unternehmenssprecher Derek Mösche. Die Kosten der Ölsuche beziffert er auf einen "unteren zweistelligen Millionenbetrag".
Seit Oktober untersuchen die Spezialisten um Paulat dazu ein 400 Quadratkilometer großes Gebiet, das sich im Norden von Heikendorf an der Kieler Förde bis nach Wankendorf im Süden und vom Ostteil Kiels bis an den Selenter See erstreckt. Mit Hilfe eines ähnlich dem Echolot in der Seefahrt funktionierenden Schall-Messverfahrens erzeugen sie ein dreidimensionales Bild des Untergrundes.
Die Schallwellen werden auf freiem Feld durch das Zünden von bis zu einem Kilogramm Spezialsprengstoff erzeugt, wobei in bebauten Bereichen dieses Verfahren durch Vibratoren an Spezial-Lkw und auf Gewässern durch sogenannte Luftpulser ersetzt wird. Dennoch seien zu Beginn der Messungen in einigen Fällen Schäden an Häusern registriert worden, sagt Mösche. Diese würden von unabhängigen Gutachtern überprüft und "unbürokratisch beglichen", verspricht er.
Probebohrung bei Kiel nicht vor 2011
"Im gesamten Areal erzeugen wir an insgesamt 12.264 verschiedenen Stellen Schallwellen, drei Viertel davon durch Sprengungen", sagt Paulat. Insgesamt rund 100.000 Geophone registrierten die von den Gesteinsschichten zurückgeworfenen Schallwellen am Erdboden. Allein in und um Preetz sind an diesem Tag rund 20 Kilometer Kabel ausgelegt. Sie laufen an einem Messwagen auf einer Anhöhe am Stadtrand zusammen.
Auf einem Computer sind die aktuellen Messpunkte sichtbar. Die gesammelten Daten landen auf Magnetbändern. "Täglich werden etwa 30 Bänder mit jeweils rund 800 Megabyte an Daten beschrieben", sagt Truppleiter Paulat. Computer erstellen daraus später hochauflösende Bilder. "Mit Hilfe von 3D-Brillen können sich unsere Geologen und Geophysiker dann wie in einem Computerspiel virtuell durch die Lagerstätten bewegen und potenzielle Ölfallen", sagt Mösche.
Das in dem Sandstein vermutete Öl ist nach Einschätzung der Experten des Energiekonzerns leichter und damit qualitativ besser als das auf Deutschlands einziger Bohrinsel Mittelplatte geförderte Öl. Eine Probebohrung werde es im Raum Kiel aber nicht vor 2011 geben, sagt Mösche. Ab 2015 könnte dann mittels sogenannter Horizontalbohrungen die Förderung beginnen.