Über die Zukunft der Landesbanken sprach das Abendblatt mit Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring (CDU), der auch Aufsichtsratsvorsitzender der Nord/LB ist. Der CDU-Politiker denkt nicht an eine Fusion mit der HSH Nordbank und nimmt den Staat gegen Kritik in Schutz.

Hannover. Mit Blick auf die Folgen der Finanzmarktkrise, die zu immensen Verlusten bei mehreren Landesbanken geführt hat, diskutieren Politiker und Finanzexperten Zusammenschlüsse zwischen diesen Instituten. Dabei wird die Nord/LB aus Hannover, die Landesbank für Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern, als bevorzugter Kandidat für eine Fusion mit der angeschlagenen HSH Nordbank gesehen.

Als einzige Landesbank rechnet die Nord/LB für 2008 mit einem Gewinn. Mit einer Bilanzsumme von knapp 240 Milliarden Euro und rund 5500 Mitarbeitern im Konzern ist die Nord/LB größer als die HSH Nordbank. Das Abendblatt sprach mit Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring (CDU), der auch Aufsichtsratsvorsitzender der Nord/LB ist, über die Zukunft der Landesbanken.


Abendblatt:

Herr Minister, ist Ihnen Angst und Bange geworden, wenn Sie in den vergangenen Monaten die Schlagzeilen über taumelnde Landesbanken gelesen haben?

Hartmut Möllring:

Ich habe mich vor allem darüber geärgert, dass dabei meist alle Landesbanken in einen Topf geworfen wurden. Die Nord/LB hat rechtzeitig ihre Hausaufgaben gemacht. Sie hat ein funktionierendes Geschäftsmodell entwickelt, sie hat die Kosten gesenkt und sie hat solide gewirtschaftet. Diese Vorsicht, die vielleicht manche als Zögerlichkeit empfanden, zahlt sich heute aus. Andere haben mit Geschäften, deren mögliche Konsequenzen sie nicht verstanden, ja zunächst hohe Gewinne gemacht.



Abendblatt:

Mancherorts geben sich Politiker, die in den Aufsichtsräten von Landesbanken sitzen, nun überrascht über die Risiken, die eingegangen wurden. Wie beurteilen Sie dies?

Möllring:

Man muss, wenn man in Aufsichtsgremien sitzt und etwas nicht versteht, immer wieder nachfragen und sich alles in verständlichem Deutsch erklären lassen. Wir haben aber auch keine überzogenen Renditeanforderungen gestellt. Es ist ja nicht der Vorstand, der gierig ist.



Abendblatt:

Haben Sie nicht die Sorge, dass nach dem Wechsel an der Spitze der Nord/LB zum Jahresanfang nun doch noch problematische Geschäfte zutage gefördert werden?

Möllring:

Nein. Die Bank ist besenrein. Das ist immer und immer wieder geprüft worden. Wäre es nicht so, hätte man wohl auch den früheren Chef Hannes Rehm nicht an die Spitze des staatlichen Bankenrettungsfonds SoFFin berufen.



Abendblatt:

Wie denken Sie als Niedersachsens Finanzminister darüber, wenn Steuerzahler wenig Verständnis für die viele Milliarden Euro teure Bankenrettung aufbringen?

Möllring:

Ich glaube, die Hilfen waren nötig. Hier wurden auch nicht Steuergelder einem maroden Unternehmen hinterhergeworfen. Die Bürgschaften und die Eigenkapitalhilfen müssen von den Banken bezahlt werden - und das nicht unerheblich. Ich sehe gute Chancen, dass der Rettungsfonds am Ende nicht nur mit einer schwarzen Null herauskommt, sondern mit einem Gewinn abschließt.



Abendblatt:

Die Sparkassen als Mitgesellschafter drängen auf einen Zusammenschluss von Landesbanken. Danach soll es nur noch je eine im Norden, im Westen und im Süden Deutschlands geben. Was halten Sie davon?

Möllring:

Das ist mir alles zu holzschnittartig. Eine Reform nur um der Reformfreudigkeit Willen macht keinen Sinn. Wir sehen für uns jedenfalls keine Veranlassung, uns an solchen Diskussionen zu beteiligen. Es mag sein, dass andere sich über uns Gedanken machen. Aber wir sprechen nicht über andere Landesbanken, und wenn wir gefragt werden, lehnen wir ab.



Abendblatt:

Haben Sie denn schon einmal mit ihren Amtskollegen in Hamburg und Schleswig-Holstein über einen möglichen Zusammenschluss zwischen Nord/LB und HSH Nordbank gesprochen?

Möllring:

Nein.



Abendblatt:

Auch die Bundesregierung sähe Landesbankenfusionen offenbar gern. Hat es dazu Gespräche gegeben?

Möllring:

Ich wundere mich immer darüber, dass völlig unzuständige Personen meinen, sie müssten sich dazu äußern. Aber mit mir hat noch niemand aus Berlin darüber gesprochen.



Abendblatt:

Welchen Zweck haben Landesbanken Ihrer Ansicht nach?

Möllring:

Gerade jetzt, in der Konjunkturschwäche, zeigt sich ihre Bedeutung. Sie halten zum Wohle von Unternehmen an Kreditengagements fest, die andere Banken, die unter reinen Renditegesichtspunkten handeln, beenden würden. Das soll nicht heißen, dass die Landesbanken sich damit marktwidrig verhalten. Aber es gibt immer Geschäfte, die gerade noch zu verantworten sind.



Abendblatt:

Ist der Staat der schlechteste Banker, wie manche sagen?

Möllring:

Wenn das so wäre, dann frage ich mich, warum der Staat jetzt plötzlich überall helfen muss. Man muss sich doch nur ansehen, wer von den Problemen besonders hart betroffen ist. Zwar war dies neben der SachsenLB die IKB, an der der Staat mit 38 Prozent beteiligt war. Aber die insolvente Weserbank in Bremerhaven war rein privat. Mit der Hypo Real Estate hatte der Staat nichts zu tun und mit Lehman Brothers schon erst recht nicht.



Abendblatt:

Wird es das deutsche Drei-Säulen-Modell mit privaten Banken, Genossenschaftsbanken und öffentlichen Banken wie Sparkassen und Landesbanken in 15 Jahren noch geben?

Möllring:

Davon bin ich überzeugt, weil es sich gerade gut bewährt. Andere Länder wären froh, wenn es so etwas bei ihnen auch gäbe. Denn bei uns gibt es keine Kreditklemme. Wer vor einem Jahr einen Kredit bekommen hätte, bekäme ihn auch heute.



Abendblatt:

Im Unterschied zu den meisten anderen Landesbanken ist die Nord/LB auch im breiten Privatkundengeschäft tätig. Aber ebenso wie die HSH Nordbank ist sie auch in der Schiffs- und Flugzeugfinanzierung aktiv. Drohen hier angesichts der jeweiligen Branchenkrisen hohe Risiken?

Möllring:

Wir finanzieren keine Fluggesellschafen, sondern Flugzeuge. Dabei ist der Flottenbestand ausgesprochen jung. In der Wüste geparkt werden nun die älteren Maschinen, unsere fliegen. Dies ist nun einmal ein zyklisches Geschäft. Als ich im Jahr 2003 Aufsichtsratsvorsitzender der Nord/LB wurde, standen auch Flieger in der Wüste und Schiffe lagen auf Reede.