Es ist doch ein gutes Omen, dass ausgerechnet ein Mann namens Reeder für eine der besten Kompass-Marken der Welt produziert. Und das auch noch in Hamburg: Die profitable Hightech-Firma Hein & Oetting in Rahlstedt produziert für Schiff- und Luftfahrt und legt viel Wert auf eigenen Nachwuchs.

Hamburg. Auf einem Tisch in einer Werkhalle der Firma Hein & Oetting in Rahlstedt steht eine ganze Palette nagelneuer Kugelkompasse der Marke "C. Plath" des Modells "Venus" für Sportboote.

Ihr Oberteil bildet eine Halbkugel aus feinstem Mineralglas. "Das ist so stabil, dass man sich draufstellen könnte", sagt Firmeninhaber Lars Reeder. "Für unsere Kunden ist ein solcher Kompass wie eine besonders werthaltige und wertvolle Uhr - ein Statussymbol, das ein schönes Design besitzt, vor allem aber präzise arbeitet."

"C. Plath" ist die Urmutter des Unternehmens Hein & Oetting. Im 19. Jahrhundert wurde die Manufaktur für die Herstellung von Magnetkompassen in Hamburg gegründet. Bei einer tief greifenden Umstrukturierung des Unternehmens machten sich die leitenden Mitarbeiter Ernst Oetting und Peter Hein im Jahr 1992 mit zwölf Angestellten selbstständig.

Sie bauten eine Auftragsfertigung für hoch präzise Bauteile auf - unter anderem für die Kompassmarke C. Plath, die heute zu Sperry Marine gehört, einem Tochterunternehmen des US-Rüstungs- und Elektronikkonzerns Northrop Grumman. Zur Mitte dieses Jahrzehnts wurde den beiden Inhabern klar, dass eine interne Nachfolgeregelung nicht funktionieren würde. Die Lösung kam von außen. Sie hieß Lars Reeder.

Der studierte Wirtschaftsingenieur, der unter anderem für die Körber AG und für General Electric gearbeitet hatte, suchte eine neue Herausforderung - als Unternehmer. Die Haspa vermittelte Reeder mit den Inhabern von Hein & Oetting und organisierte die Finanzierung. 2005 übernahm Reeder das Unternehmen mit damals 42 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von rund vier Millionen Euro. "Hein & Oetting war seinerzeit sehr gut aufgestellt, aber die Inhaber stießen mit ihrem Managementstil an Grenzen", erzählt der 49-Jährige im Konferenzraum. "Ich brachte die entsprechende Erfahrung mit, weil ich jahrelang in größeren Unternehmen gearbeitet hatte."

Dieses Kapital wie auch das Geld für die Übernahme zahlten sich aus. Hein & Oetting beschäftigt inzwischen mehr als 80 Mitarbeiter, davon 15 Auszubildende, verdoppelte den Umsatz bis zum Jahr 2008 auf rund acht Millionen Euro und wächst weiterhin profitabel. In Auftragsfertigung produziert das Unternehmen unter anderem für Hersteller aus der Navigations- und Steuerungstechnik, aus der Schiff- und Luftfahrt, aus der Medizin- und Lasertechnik. Aus der kleinen Fabrik in Rahlstedt kommen unter anderem elektronische Steuerräder für Großschiffe, aber auch Behältnisse für die Zentralcomputer von Hochleistungsflugzeugen wie dem Eurofighter oder Komponenten für Beatmungsgeräte. "Die Werkstücke, die wir herstellen, müssen auf tausendstel Millimeter präzise sein", sagt Reeder.

In seinem Unternehmen führte er eine moderne Teamstruktur ein, die in hohem Maße auf Selbstverwaltung setzt, aber auch ein effizienteres, "sich selbst steuerndes" System für den Materialfluss, das ohne eine zusätzliche Verwaltungseinheit auskommt. "Dieses System der Produktionssteuerung, das man ,Kanban' nennt, stammt ursprünglich aus der japanischen Industrie", sagt Reeder. Unter anderem kann das Unternehmen damit schneller auf kurzfristige Aufträge reagieren.

Interne Neuerungen und ein gutes Auftragspolster etwa für die Luft- und Schifffahrtsbranche tragen dazu bei, dass sich Hein & Oetting in der Krise behauptet. "Wir sind optimistisch. Aber wir glauben auch, dass die Unternehmen unserer Branche in Norddeutschland noch viel besser miteinander vernetzt sein müssten, um das Potenzial stärker zu nutzen. Deshalb engagieren wir uns für das Nortec-Forum."

Jörg Mutschler, Geschäftsführer Nord des Industrieverbandes VDMA, teilt diese Einschätzung: "Die Vernetzung ist im Norden bei weitem nicht so ausgeprägt wie in Süddeutschland." Rund 100 000 Arbeitsplätze bietet der Maschinen- und Anlagenbau derzeit in den norddeutschen Bundesländern Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen, etwa ein Zehntel der gesamten Branche in Deutschland. Damit diese Zahl in der Wirtschaftskrise zumindest nicht deutlich schrumpft, sollen die Unternehmen ihr eigenes regionales Umfeld besser kennenlernen. "Wenn ich eine bestimmte Maschine bei einem Anbieter um die Ecke besichtigen und kaufen kann, ist das doch erheblich angenehmer, als wenn ich dafür durch das ganze Land fahren muss", sagt Mutschler, "oder gar ins Ausland."