Deutschlands zweitgrößter Entsorger Rethmann will sich an der Stadtreinigung beteiligen. Auch andere wollen ins große Geschäft.
Hamburg. Das Rennen um Hamburgs Stadtreinigung hat begonnen. Deutschlands zweitgrößter Entsorgungsbetrieb Rethmann will sich an dem städtischen Unternehmen beteiligen - falls der Senat es privatisieren will. "Wir können uns einen Anteil von 49 Prozent vorstellen, wenn wir dann die unternehmerische Führung erhalten", sagte Hermann P. Bünte, bei der Rethmann-Gruppe für den Geschäftsbereich Unternehmensentwicklung verantwortlich, dem Hamburger Abendblatt. Allerdings weiß auch er, dass noch gar nicht geklärt ist, ob die Stadtreinigung überhaupt privatisiert wird. Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) prüft derzeit alle Unternehmen der Stadt, ob sie ganz oder anteilig verkauft oder im Besitz Hamburgs bleiben sollen. "Eine Entscheidung wird im Sommer fallen", sagte er dem Abendblatt. Vorher gebe es weder Ausschreibungen noch Verhandlungsgespräche. Bünte ist dennoch zuversichtlich, zumal bereits auch andere Städte private Investoren an ihren Entsorgungsunternehmen beteiligt haben. So ist Rethmann aus Lünen 1996 beim Frankfurter Entsorgungsservice (FSE) mit 49 Prozent eingestiegen. "Für die Stadt hat sich das gelohnt", so Bünte. "Wir konnten die Produktivität steigern, das Geschäft durch die Gewinnung weiterer Gewerbekunden ausweiten und die Zahl der Arbeitsplätze in dem Betrieb erhalten." So will der Entsorgungsprofi auch in Hamburg bei Gebühren- und Personalfragen vorgehen. Neue Kunden könnten aus dem Gewerbebereich der Stadt und dem Umland kommen. Bünte wird von den bisherigen Anbietern in Hamburg mit Argusaugen beobachtet. "Derzeit klappt die Zusammenarbeit zwischen Stadt und privaten mittelständischen Entsorgungsunternehmen gut. Wenn sich ein Großunternehmen an der Stadtreinigung beteiligt, könnte der Mittelstand darunter leiden", meint Matthias Bäätjer von der Hamburger Firma ETH Umwelttechnik. Dieses Argument will Bünte jedoch nicht gelten lassen. "Wenn wir mit unserem Angebot Erfolg haben, werden wir dem Mittelstand Allianzen anbieten," sagt er. Neben Rethmann ist auch die in Hamburg ansässige Clearaway Deutschland AG (früher SKP) an der Stadtreinigung interessiert. "Wir können gegenhalten. Wir haben in der Hansestadt bereits ein breites Angebot an Sortier- und Recyclingaktivitäten aufgebaut, das die Stadtreinigung gut ergänzen würde", sagt der Vorstandsvorsitzende Max Arnold Köttgen. Bünte hingegen will die Stadt für sich überzeugen, indem er weitere Arbeitsplätze verspricht. "Wir könnten uns vorstellen, unsere Gesellschaft für den Verantwortungsbereich Nordost, die jetzt in Brandenburg ansässig ist, nach Hamburg zu verlagern", so Bünte. Rethmann ist nach der RWE-Tochter Trienekens nicht nur der zweitgrößte deutsche Versorger, sondern auch der größte Familienbetrieb. Und Größe könnte zum Argument werden. Die Branche befindet sich im Umbruch. Kleine Anbieter könnten darunter leiden, dass das Duale System Deutschland (Grüner Punkt) als Auftraggeber die Entsorgungspreise senken könnte. Gleichzeitig soll das Kippen von Müll auf Deponien von 2005 an verboten werden. Auf die kommunalen Müllverbrennungsanlagen kommen damit neue Mengen zu. Doch in Hamburg müsste zuvor stark in die Anlage Stellinger Moor investiert werden. Die Anlage, die zu 100 Prozent der Stadt gehört, wurde 1973 errichtet, eine Modernisierung und Kapazitätserweiterung wäre fällig, so Bünte. "Rethmann hat die Mittel, um zu investieren", sagt er. Das Unternehmen erlöste in den Sparten Entsorgung, Tierverwertung und Logistik (Rhenus) 2002 rund 1,8 Milliarden Euro. Mehr als 700 Millionen Euro entfallen auf den Entsorgungsbereich. In der Stadtreinigung ist man hellwach. Nach Informationen des Abendblattes wird eine seit langem schon feststehende Personalversammlung am Sonnabend um den Tagesordnungspunkt Privatisierung erweitert.