Neue Präsidentin legt Jahresbericht der Finanzaufsichtsbehörde vor – König: „Das deutsche Bankensystem ist vergleichsweise robust“.
Bon. Die deutschen Lebensversicherer befinden sich nach Einschätzung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wegen des anhaltend niedrigen Zinsniveaus in einer angespannten Lage. Die Präsidentin der Aufsichtsbehörde, Elke König, sagte am Dienstag in Bonn, die Ertragskraft der Kapitalanlagebestände werde „zwar noch etliche Jahre ausreichen, um die gegebenen Garantieversprechen einzulösen“. Doch die Neuanlage von Geldern sei für die Versicherer seit geraumer Zeit problematisch.
Das Problem: Um die langfristigen Zinsgarantien gegenüber den Kunden von zurzeit durchschnittlich 3,3 Prozent erwirtschaften zu können, sind die Versicherer auf ausreichend ertragreiche und sichere Anlagemöglichkeiten angewiesen. Dazu zählten in der Vergangenheit neben Staatspapieren auch Bankanleihen und Pfandbriefe. Die Rendite von Staatspapieren guter Bonität bewegt sich aber seit geraumer Zeit auf sehr niedrigem Niveau und die Politik des billigen Geldes der Europäischen Zentralbank (EZB) bringe die Versicherer zusätzlich in Bedrängnis, sagte König.
Die Aufsichtsbehörde beobachtet deshalb, ob sich die Versicherer risikoreicheren Anlageformen mit höheren Renditeversprechen zuwenden. Auffällige Änderungen der bisherigen konservativen Anlagepolitik der deutschen Lebensversicherer seien jedoch bislang nicht zu beobachten.
Recht positiv fiel das Urteil der BaFin-Chefin über die Banken aus. „Das deutsche Bankensystem ist vergleichsweise robust“, betonte König. Doch könne es sich natürlich nicht vollständig von den Entwicklungen im Umfeld abschotten.
Die BaFin wisse, in welchem Umfang die deutschen Banken in Anleihen der Peripherie-Staaten der Eurozone investiert hätten. Im Fall Griechenland sei sie sicher, dass die deutschen Kreditinstitute inzwischen auf alle möglichen Szenarien vorbereitet seien. „Griechenland ist kein Thema mehr“, sagte sie.
Sehr genau verfolgt die BaFin König zufolge auch die Entwicklung in Portugal und Spanien. Doch sei sie in keiner Weise mit der in Griechenland vergleichbar, sagte die BaFin-Präsidentin.
Im Visier hat die BaFin auch den Umgang der Banken mit den von der EZB zur Verfügung gestellten preisgünstigen Refinanzierungsmöglichkeiten im Volumen von 1.000 Milliarden Euro. Denn es sei nicht auszuschließen, dass die Institute das Geld für spekulative Kreditersatzgeschäfte nutzten.
Die BaFin analysiere sorgfältig, ob die Aufnahme der Mittel mit dem Refinanzierungsbedarf der Banken im Einklang stehe und wie die Mittel verwendet würden, sagte König. „So würden wir erkennen, ob und wenn ja welche Banken mit dem Geld der EZB unverhältnismäßig hohe Risiken aufbauen oder gar das Entstehen einer Blase befeuern.“ Aktuell sehe die BaFin aber in Deutschland keinen Grund zur Sorge.
Zehn Jahre nach der Gründung der BaFin zog die Behördenchefin eine positive Gesamtbilanz. Die BaFin sei „eine starke und durchsetzungsfähige Aufsicht, die auch bereit ist, unbequeme Entscheidungen zu treffen“. Dies komme auch der Stabilität des deutschen Finanzsystems zugute.