Der Schweizer hat die Deutsche Bank erfolgreich durch die Wirren der Finanzkrise geführt. Doch vor dem eigenen Abschied strauchelte der Banker.

Frankfurt/Main. Es ist Josef Ackermanns letzter großer Auftritt als Deutsche-Bank-Chef: Mit Ablauf der Hauptversammlung heute (Donnerstag/10.00) räumt der Schweizer nach zehn Jahren den Chefsessel des Dax-Konzerns. Eine „Ackermann-Show“, so viel ist sicher, wird das Aktionärstreffen in Frankfurt nicht werden. Fragwürdige Geschäfte mit Rüstungsfirmen und Spekulationen mit Lebensmitteln regen Kritiker ebenso auf wie das Gezerre um die Ackermann-Nachfolge im Sommer 2011.

Das künftige Führungsduo aus dem Investmentbanker Anshu Jain und dem bisherigen Deutschland-Chef Jürgen Fitschen dürfte einen Vorgeschmack bekommen, worauf es sich einstellen muss. Kontrollieren soll die beiden künftig der bisherige Allianz-Finanzvorstand Paul Achleitner. Der Österreicher beerbt Clemens Börsig als Vorsitzender des Deutsche-Bank-Aufsichtsrates. Ebenfalls neu in das Kontrollgremium gewählt werden sollen Siemens-Chef Peter Löscher und Ex-Haniel-Vorstand Klaus Trützschler.

Josef Ackermann hat die Deutsche Bank erfolgreich durch alle Wirren der Finanzkrise geführt. Doch seinen eigenen Abgang verpfuschte der Vorstandsvorsitzende des größten Deutschen Geldinstituts. Wenn der 64-jährige Schweizer heute den Chefsessel räumt, hinterlässt er eine Bank, die durch Machtgerangel um Vorstands- und Aufsichtsratsposten tief verunsichert ist

In seiner Amtszeit polarisierte Ackermann Deutschland wie kaum ein anderer Manager. Manchmal strahlte der mächtige Banker eine nahezu unerträgliche Arroganz aus: Unvergessen ist das Victory-Zeichen im Mannesmann-Prozess. Manchmal wirkte er herzlos und gewinnfixiert: etwa als er 2005 im gleichen Atemzug mit einem Rekordgewinn die Entlassung Tausender Mitarbeiter ankündigte.

Und doch sind die Verdienste des Schweizers um Deutschlands mächtigste Bank unbestreitbar. Er vervielfachte in seiner Amtszeit nicht nur den Gewinn des Geldinstituts – und wurde dabei zum bestbezahlten Manager Deutschlands. Er steuerte sie auch ohne Staatshilfe durch die schlimmste Finanzkrise seit den 1920er Jahren und schuf durch die Übernahme der Postbank ein in der Finanzkrise wichtiges Gegengewicht zum riskanten Investmentbanking.

„Wir haben viel erreicht“, zog er selbst kürzlich in einem Interview Bilanz und fügte später hinzu: „Ich glaube, für Deutschland ist das unglaublich wichtig, noch eine globale Bank zu haben.“

Doch kümmerte sich der in der Schweizer 6.000-Seelen-Gemeinde Mels geborene Sohn eines Landarztes um weit mehr als um die Interessen der Deutschen Bank. In der europäischen Schuldenkrise übernahm Ackermann als Kopf des internationalen Bankenverbands die Sprecherrolle für die privaten Gläubiger und war federführend daran beteiligt, den Schuldenschnitt für Griechenland auszuhandeln. „Das hätte es ohne mich nicht gegeben“, sagte er kürzlich selbstbewusst. Auch beim deutschen Bankenrettungsfonds spielte er eine maßgebliche Rolle.

Aus dem Investmentbanker mit der Fixierung auf eine möglichst hohe Rendite sei vor allem in der zweiten Hälfte seiner zehnjährigen Amtszeit „ein präsidialer Weltstaatsmann“ geworden, lobte kürzlich das „Handelsblatt“.

Doch ausgerechnet sein letztes Gefecht hat der Oberst der Schweizer Armee verloren. Die Suche nach einem Nachfolger für Ackermann geriet zur jahrelangen Hängepartie und führte zu heftigen Grabenkämpfen in der Bank. Am Ende stand eine Kompromisslösung, derzufolge eine im Topmanagement sehr ungewöhnliche Doppelspitze - bestehend aus dem Investmentbanker Anshu Jain und dem Deutschland-Chef Jürgen Fitschen – in Zukunft die Bank leiten wird.

Ackermann selbst musste seinen Plan aufgeben, vom Chefsessel auf den Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden zu wechseln und von dort aus die Geschicke der Bank weiter mitzubestimmen. „Ist alles rund gelaufen“, fragte Ackermann in seinem letzten Interview als Bankchef rhetorisch und antwortete gleich selbst: „Nein, sicher nicht.“

Sorgen machen Ackermann vor allem die möglichen Auswirkungen auf den inneren Zustand der Bank. „Das Schlimmste für die Bank wäre, wenn die alten Gräben, die zwischen den verschiedenen Bereichen bestanden (...) wieder aufbrechen würden.“ Die Warnung ging wohl an seine Nachfolger.

Der 64-Jährige, der mit einer Finnin verheiratet ist und als exzellenter Hobbymusiker gilt, wird dagegen künftig mehr Zeit für seine Hobbys wie das Klavierspiel, den klassischen Gesang und den Besuch von Opern haben.

Ganz aus dem Finanzgeschäft zurückziehen wird er sich aber nicht. Bereits am 29. März wurde der Schweizer zum Präsidenten des Verwaltungsrats des größten Schweizer Versicherungskonzerns, der Zurich Insurance Group, gewählt. Außerdem ist Ackermann Aufsichtsratsmitglied der Holding Investor AB der schwedischen Milliardärsfamilie Wallenberg.

Mit Material von dpa und dapd