Facebook kann mit Millionen Nutzerdaten um Werbekunden buhlen. Angaben über Hobbys oder Musikgeschmack garantieren aber keine gelungenen Anzeigen, warnen Experten. In Sozialen Netzwerken wollen Menschen lieber mit Freunden chatten, als auf Werbung klicken.
Berlin. Facebook gilt als El Dorado für die Werbewirtschaft - aber an dem Modell regen sich Zweifel. Die Plattform lockt zwar mit 901 Millionen Mitgliedern und unzähligen Details über deren Leben, Interessen und Vorlieben. Aber das bedeutet noch nicht automatisch bessere Bedingungen für Werbung. Nach Angaben von Branchenkennern haben sich schon manche Firmen enttäuscht von Facebook abgewendet, weil der erhoffe Werbeeffekt ausblieb.
Im vergangenen Jahr hat das Unternehmen nach eigenen Angaben 85 Prozent seines Geldes mit Werbung verdient. Bald soll Facebook an die Börse gehen. Daher wird das Modell derzeit besonders genau unter die Lupe genommen.
In Sozialen Netzwerken sind die Nutzer nicht so empfänglich für Werbung, sagt der Mitgründer des Berliner Unternehmens madvertise, Carsten Frien. Suchmaschinen wie Google seien hier im Vorteil. „Weil der Kunde zu Google geht, um etwas zu suchen und dann auch eher bereit ist, auf die Werbung zu klicken.“ Bei Facebook wollten die Nutzer sich hingegen in erster Linie mit Freunden austauschen. „Das ist ein echtes Risiko im Facebook-Geschäftsmodell.“
Dabei klingt das Prinzip von Facebook einleuchtend. Anzeigen lassen sich gezielt auf potenzielle Kunden ausrichten, wirbt Facebook auf seiner Seite. Ein Hersteller von Tiernahrung möchte nur unter Hundebesitzern werben? Kein Problem: Ein paar Klicks, und schon erscheint ein Werbebanner nur bei Hundefreunden. Wie viele der Nutzer aber später auch auf eine Anzeige klicken, bleibt offen. Aktuelle Zahlen zu Klickraten von Werbung werden nicht rausgegeben.
Aber was bringt Werbung für Hundefutter, wenn der Nutzer eigentlich nur mit Freunden chatten will? „Bei Facebook wird der Zielgruppe ungefragt Werbung vorgehalten“, sagt der Geschäftsführer der Internet-Agentur Youcom, Manuel Mattern. „Penetrante und plakative Werbung funktioniert nicht auf Facebook.“ Um erfolgreich zu sein, müssten Unternehmen ihre Kampagnen auf Facebook gut betreuen. Große Unternehmen könnten damit auch gute Erfolge erzielen. Aber nicht für alle lohne der Einsatz: „Für kleine Unternehmen ist es nicht sinnvoll, so einen Aufwand zu betreiben“, sagt Werbeexperte Mattern.
Facebook hat noch einen Trumpf im Ärmel: Sozialer Kontext. „Wir sind der Überzeugung, dass die Empfehlungen von Freunden einen starken Einfluss auf Interessen und Kaufentscheidungen haben“, schreibt Facebook in seinem Börsenprospekt. Mund-zu-Mund-Werbung soll auf das Internet übertragen werden. Und genau dafür biete Facebook die richtige Plattform – eine Funktion, mit der Suchmaschinen kaum aufwarten können.
Ganz so einfach ist es jedoch nicht, denn Nutzer können sich auf Facebook auch gegen ein Unternehmen wenden. Das mussten schon einige Unternehmen in Deutschland erfahren. Beispielsweise wollte die Deutsche Bahn im Oktober 2010 Nutzer mit einem Sparangebot auf ihre Facebook-Seite locken, aber erntete massenhaft Kommentare mit Ärger über verspätete Züge.
Auch auf einen anderen Bereich richten sich die Blicke vieler Unternehmen vor dem Börsengang: Anzeigen auf Smartphones und Tablets. Bislang verschont Facebook seine mobilen Nutzer mit Werbung. 488 Millionen Mitglieder nutzen die Plattform schon jetzt mobil, wie Facebook in seinem Börsenprospekt schreibt. Und genau auf sie schielen viele Werbefachleute. Der Grund: „In Sozialen Netzwerken sind die Klickraten sehr niedrig – beim mobilen Werben sind sie sehr viel höher“, sagt Frien.
Besonders interessant sei Werbung, die auf den Ort der Kunden zugeschnitten sei, betont Frien. Anzeigen könnten die Nutzer direkt ansprechen, beispielsweise mit einem Hinweis auf das Sonderangebot vom Café nebenan. Genau dafür biete Facebook schon jetzt die richtige Technik. Es sei kein besonders großer Schritt, das auch für Werbung zu nutzen. Frien prognostiziert: „Das wird jetzt nicht noch ein halbes Jahr dauern.“ Facebook schweigt jedoch darüber, ob und wann mobile Werbung zum Einsatz kommen soll.