Die EU-Finanzkrise macht hochkarätige Klunker als Geldanlage interessant. Doch für Privatanleger ist der Edelstein-Markt zu undurchsichtig.

München/Düsseldorf. Seit der Finanzkrise im Euroraum sind Diamanten nicht mehr nur der "beste Freund" der Frauen. Auch Anleger geraten immer häufiger in den Bann der Edelsteine. Juweliere und Online-Diamanten-Händler wie das Münchner Unternehmen Yorxs berichten von einem regelrechten Nachfrageschub nach Steinen zur lupenreinen Geldanlage.

Hochkarätiges gilt in diesen unsicheren Zeiten ähnlich wie Gold als Fluchtwährung und Schutz vor Totalverlust von Vermögen. Nach einer neuen Studie gehen Analysten von einem Nachfrageboom bis 2020 aus. Aber ist der Kauf loser Diamanten für den Tresor tatsächlich eine brillante Kapitalanlage für Privatinvestoren?

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Eher nicht, winkt der Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) in Düsseldorf, Jürgen Kurz, ab. Dass ein Diamant ein Wertobjekt ist, stehe außer Frage. Wer sich jedoch einen geschliffenen Stein in den Safe lege, um damit Gewinn einzufahren, sei schlecht beraten. „Lieber als Schmuck für die Hand der Liebsten als fürs Depot“, rät Kurz.

Anders als bei Gold sei der Markt für Laien nur schwer zu durchschauen, mahnt auch Michael Blumenroth, Rohstoffanalyst der Deutschen Bank, zur Vorsicht. Einen offiziellen, standardisierten Diamanten-Preis gebe es nicht.

Was ein Stein wert ist, lässt sich bestenfalls anhand von Indizes wie dem Rapaport Diamond Report ablesen, der die Durchschnittsbewertungen von Händlern weltweit abbildet. Gelistet ist darin Funkelndes von 0,01 bis 5,99 Karat. Gehandelt werden Diamanten zwar immer in Karat (ein Karat entspricht 0,2 Gramm Gewicht). Doch das sagt noch lange nichts über den Preis aus.

Jeder Stein ist einzigartig. Neben der Karatzahl spielen drei weitere C eine Rolle: Clarity für Reinheit, Colour für Farbe und Cut für den Schliff. Zwei Einkaräter von gleicher Qualität, aber mit unterschiedlichem Schliff können beispielsweise am Ende preislich um viele Tausend Euro differieren, auch je nach Händler.

Endkunden zahlten beim Diamantenkauf in jedem Fall die Händlerspanne mit, erklärt Casimir Graf Maltzan, Gemmologe und Vorstand der Online-Diamanten-Plattform Yorxs. Bei berühmten Juwelieren wie Tiffany kann das bis zu 200 Prozent ausmachen, im normalen Einzelhandel fallen aber auch bereits bis zu 50 Prozent Marge an. Anders als bei Gold muss der Investor zudem den vollen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent berappen.

Zwar hat sich Hochkarätiges selbst in der Finanzkrise 2008 als relativ wertstabil behauptet, etwa im Vergleich zu Aktien. Soll ein heute gekaufter Anlagediamant aber richtig Gewinn bringen, müsste er in den kommenden Jahren schon sehr stark im Wert steigen, damit sich die Investition rechnet.

Eine Marktstudie der Finanzberater Bain and Company geht zwar davon aus, dass zunehmend kaufkräftige Inder und Chinesen für einen neuen Boom inklusive Wertsteigerung sorgen. Danach soll sich die Nachfrage nach Diamanten bis 2020 verdoppeln. Das käme einem jährlichen Zuwachs von 6,4 Prozent gleich, während das weltweite Angebot an Steinen laut Bain höchstens um 2,8 Prozent steigen dürfte. „Das sind aber nur Prognosen, ob für Investoren am Ende wirklich eine Rendite rausspringt, ist völlig offen“, gibt Kurz zu bedenken.

Wie wenig Edelsteine als lupenreines Investment taugen, wird klar, wenn die Brillanten wieder zu Bargeld gemacht werden müssen. Wer vom Juwelier die Hälfte des ursprünglichen Kaufpreises bekommt, ist meist schon gut bedient. „Das ist einfach keine klassische Geldanlage“, warnt Roland Aulitzky, Finanzexperte bei der Stiftung Warentest.

Einziger Vorteil in Notzeiten: Im Gegensatz zu Gold könnten Diamanten leicht am Körper getragen und außer Landes gebracht werden, wie der Münchner Edelsteingutachter Heinrich Butschal betont. Steine im Wert eines Einfamilienhauses passen leicht in eine Streichholzschachtel. Ein kleiner Diamant mit fünf Gramm Gewicht könne gut eine Million Euro wert sein, sagt auch Maltzan. Die Wertkonzentration auf kleinstem Raum sei für so manchen Kunden durchaus reizvoll.

Wer unbedingt in Diamanten investieren will, sollte möglichst nah am Großhandel kaufen, rät Gemmologe Maltzan. Sprich: Nicht gerade im Ladengeschäft, sondern eher auf Handelsplattformen. Das kommt meist günstiger. Der Wunsch-Stein sollte zudem mindestens 1,01 Karat haben.

Während die Damenwelt am liebsten mit lupenreinen, strahlend weißen und perfekt geschliffenen „Brillis“ glänzen möchte, empfiehlt Gutachter Butschal zur Geldanlage eher Steine von mittlerer Qualität. „Das kann in der Not rascher zu Geld gemacht werden.“ Jeder Juwelier könne noch selbst überprüfen, ob er einen echten Edelstein von mittlerer Güte vor sich hat, sagt auch Maltzan. Das sei bei Top-Diamanten nur noch im Labor möglich.

Auch das begleitende Zertifikat kann den Wiederverkaufswert steigern. Eine Expertise von einem der renommiertesten Prüfinstitute wie GIA, IGI oder HRD bringe beim Weiterverkauf noch „ein paar Hundert Euro“ extra, sagt Butschal.

„Ein Diamant gehört aber nicht in den Tresor“, ist Fachmann Maltzan überzeugt. Wer investieren wolle, solle lieber ein funkelndes Schmuckstück kaufen, an dem die Familie Generationen später noch ihre Freude haben kann.