Logistiksparte soll erhalten bleiben. 1380 Jobs droht das Aus
Frankfurt. Der angeschlagene Versandhändler Neckermann will mehr als jeden zweiten Job streichen, doch die Gewerkschafter im Aufsichtsrat stemmen sich dagegen. Kernforderung der Arbeitnehmervertreter ist, dieLogistiksparte in Frankfurt mit rund 870 Beschäftigten nicht zu schließen, sondern für stationäre Händler zu öffnen. Der Sanierungsplan der Geschäftsführung sei unrealistisch, da er auffalschen Annahmen beruhe.
"Ich glaube, dass man insgesamt die Konzepte noch einmal korrigieren muss", sagte Wirtschaftsprüfer Günter Stolz, den Ver.di mit der Überprüfung des Neckermann-Sanierungsplans beauftragt hat. Alles in allem handele es sich um ein "Schrumpfkonzept, das nicht perspektivträchtig ist". Es sei nicht schlüssig, wieso die Geschäftsführung den Onlinehandel in zwei gute Bereiche (Technik sowie Möbel & Heimtextilien) und einen schlechten (Textilien) unterteile, wo doch auch in den guten Bereichen das Wachstum rückläufig sei. Ein eigenständiges Textilsortiment sei dagegen geeignet, um von den zweistelligen Wachstumsraten im Onlinehandel mit Kleidung zu profitieren. Die Ver.di-Vertreter forderten, die Logistiksparte zu erhalten und für andere Anbieter zu öffnen. Neckermann könne so den Versand und Retouren für andere Einzelhändler übernehmen. Das eigentliche Problem der Logistik sei, dass die Kapazität nur zur Hälfte genutzt werde, sagte Wolfgang Thurner, Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat. Die Sparte könne aber schnell wieder schwarze Zahlen schreiben.
"Es gab Tränen, Wut und ganz viel Ratlosigkeit", sagte der stellvertretende Aufsichtsratschef Thomas Schmidt, der von den Arbeitnehmern entsandt ist. Wenn Neckermann tatsächlich auf eine harte Sanierung setze, wäre dies eine soziale Katastrophe. Zum Beispiel seien rund 180 Logistikmitarbeiter älter als 55 Jahre und meist ungelernt. Trotz der Belebung auf dem Arbeitsmarkt hätten sie fast keine Chance auf eine andere Anstellung. Neckermann hatte Ende April bekannt gegeben, von den gut 2500 Stellen 1380 zu streichen. Das 1950 gegründete Versandhaus Neckermann gehört dem US-Finanzinvestor Sun Capital.