Der Gigant Ebay bekommt Konkurrenz: Immer mehr Onlineportale kaufen Gebrauchtes an und verbreiten es weiter. Neue Ideen auch aus Hamburg.
Hamburg. Den Malertisch ausgeklappt, darauf ein paar Bücher in Kisten, CDs und die Playmobil-Burg aufgebaut. Dann ein wenig Feilschen um ein paar Euro mit dem netten Türken um den Samowar, ein Flirt mit dem jungen Mann, der die Inlineskates für zehn Euro haben will. Flohmarkt macht viel Spaß, ist aber oft auch mühsam, weil man bei schlechtem Wetter nass wird oder manchmal nicht viel einnimmt. Heute gibt es für die Kellerschätze und gelesene Bücher das Internet.
Immer mehr Investoren entdecken den sogenannten ReCommerce-Markt, bei dem Händler über Internetplattformen gebrauchte und zum Teil defekte Produkte und Geräte ankaufen, wenn nötig wieder aufbereiten und weiterverkaufen. Pioniere sind wieder einmal amerikanische Unternehmen wie ceexchange.com oder gazelle.com, welche derzeit mit millionenschweren Finanzspritzen ausgestattet werden.
Auch immer mehr deutsche Gründer setzen auf den Markt, der damit nicht mehr ausschließlich von Ebay beherrscht wird. Im Gegenteil: Ebay ändert gerade sein Geschäftsmodell, setzt eher auf kostenlose Kleinanzeigen als auf Auktionen. Gestern teilte der Anbieter mit, sich als Handelsplattform positionieren zu wollen. Inzwischen würden bereits weltweit rund 60 Prozent des Handelsvolumens bei Ebay im Festpreisformat erzielt. Für die Werbekampagne will die Tochter des US-Unternehmens in diesem Jahr einen zweistelligen Millionenbetrag investieren.
Auch der Hamburger Xing-Gründer Lars Hinrichs setzt auf den Trend und investiert in Flip4new ( www.flip4new.de ), eine Onlineplattform für den Ankauf gebrauchter Unterhaltungselektronik. Die Höhe der Finanzspritze ist nicht bekannt. Wie bei anderen ReCommerce-Diensten können Nutzer bei Flip4new alte elektronische Geräte wie Mobiltelefone, Laptops oder Digitalkameras zu Geld machen. "Ich bin begeistert von der Flip4new-Geschäftsidee. Flip4new bietet jedem Kunden eine enorme Geld- und Zeitersparnis beim An- und Verkauf von Unterhaltungselektronik. Flip4new hat durch seine Beliebtheit bei den Verbrauchern bereits in den ersten Monaten gezeigt, dass es sich lohnt zu investieren. Ich sehe großes Potenzial für diese Geschäftsidee", sagt Hinrichs zu seinem Engagement in die Firma.
Auch der Buchhändler Libri setzt auf den An- und Weiterverkauf, in diesem Fall kaum überraschend mit gebrauchten Büchern. Das Portal heißt regalfrei.de und wird von Hamburg aus gemanagt, von der Libri.de Internet GmbH. Weitere Gesellschafter dieses Unternehmens sind der Spiegel Verlag und die Freenet AG. "Durch die Analyse von Daten im Internet können wir die Wahrscheinlichkeit ausrechnen, mit der wir das Buch zu einem bestimmten Preis weiterverkaufen können", sagte Geschäftsführer Per Dalheimer dem Abendblatt.
Einige Beispiele zeigen die Vor- und Nachteile der "Flohmarkt"-Angebote im Internet:
Flip4new.de: Handys, Digicams, Konsolen, MP3-Player, Navis, Notebooks oder Tablets kauft das Start-up aus Frankfurt an. Dafür bekommt der Kunde Bargeld, einen Gutschein oder ein Neuprodukt. Praktisch ist, dass der Kunde nur ein paar Daten über sein Gerät angeben muss und sofort sieht, wie viel Geld er für das Handy bekommt. Flip4new kauft nicht nur funktionierende Geräte an, sondern alle in einer Liste aufgeführten Produkte - egal, in welchem Zustand. Die aufbereiteten Produkte landen auf anderen Handelsplattformen wie Ebay oder Amazon. Gründer Michael Sauer kooperiert mit Apple und hat dadurch auch iPods oder Macs im Sortiment. Nach eigenen Angaben bietet das Portal drei Euro für ein altes Siemens- oder Nokia-Handy und bis zu 250 Euro für ein iPhone 3GS. Flip4new arbeitet darüber hinaus mit dem stationären Handel zusammen. Kunden können bei ausgewählten Saturn-Märkten ausgediente Produkte wie iPods in Zahlung geben und erhalten im Gegenzug einen Saturn-Gutschein, den sie beim Kauf eines Neuprodukts einlösen können. Ein ähnliches Geschäftsmodell haben wirkaufens.de und rebuy.de, die auch Spiele und CDs ankaufen.
Regalfrei.de: Bei dem Gebrauchtbuchhandel reicht es, die ISBN-Nummer des Buches einzugeben, und schon sieht der Kunde den Preis, den das Unternehmen ihm für seinen Schmöker anbietet. Das Buch "Sternstunden der Bedeutungslosigkeit" von Rocko Schamoni bringt 0,15 Euro, für das Fachbuch "Mathematik für Informatiker" von Peter Hartmann bekommen Verkäufer immerhin 5,03 Euro, für "Pizza globale" von Paul Trummer gibt es 3,85 Euro. Das Problem: Es fällt schwer, eine Logik bei den Ankaufspreisen zu erkennen. So müssen die Verkäufer schon mal das gesamte Regal leer räumen, um einige Bücher zu finden, die regalfrei.de auch ankauft. Nach eigenen Angaben macht das Unternehmen für 40 Prozent der Bücher ein Angebot. Immerhin muss der Verkäufer auch einen Mindestumsatz von zehn Euro erreichen. Angekaufte Bücher werden über www.libri.de und Marktplätze wieder verkauft. Ähnlich wie regalfrei.de funktionieren auch momox.de oder medifanten.de.
Zonzoo.de: Ebenfalls ein Ankaufsportal für Handys, allerdings wird hier der Umwelt- und Charity-Gedanke betont. So verkauft das Portal wiederaufbereitete Produkte in Entwicklungsländer und unterstützt gemeinnützige Organisationen.