BKK für Heilberufe drohen Zahlungsprobleme. Vereinigte IKK beschließt Zusatzbeitrag
Hamburg. Die Krise unter den gesetzlichen Krankenkassen spitzt sich zu. Nach der Schließung der City BKK drohen der BKK für Heilberufe Zahlungsprobleme, wenn sie nicht noch durch eine Fusion aufgefangen wird. Die BKK für Heilberufe hat dem Bundesversicherungsamt (BVA) mitgeteilt, dass im Laufe des Jahres finanzielle Schwierigkeiten auftreten könnten. Das bestätigte Kassensprecher Ulrich Rosendahl dem Abendblatt. Drohende Zahlungsunfähigkeit muss der zuständigen Aufsichtsbehörde mitgeteilt werden. "Grund für die Probleme sind die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds, die geringer ausgefallen sind als kalkuliert", sagt Rosendahl.
Ein Ausweg soll jetzt in einer Fusion gesucht werden. Bis Ende Juni soll sich zeigen, ob es Interessenten gibt. Nach Angaben des Verbandes der Betriebskrankenkassen laufen bereits mehrere Gespräche mit Fusionskandidaten. "Kleinere Kassen mit bis zu 500 000 Mitgliedern haben eher die Möglichkeit, sich mit einer Fusion noch vor einer Schließung oder Insolvenz zu retten", sagt Günter Neubauer, Direktor des Instituts für Gesundheitsökonomie dem Abendblatt. Die BKK für Heilberufe hat 127 000 Versicherte, davon zwei Drittel junge Frauen. "Sie gehen aber relativ oft zum Arzt, weil sie selbst aus dem Gesundheitssektor kommen", sagt Rosendahl. "Die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds gleichen das aber nicht aus."
Der Verwaltungsrat der Vereinigten IKK beschloss am Freitag einen Zusatzbeitrag für die Versicherten. Auch diese Kasse hat finanzielle Probleme. "Der Zusatzbeitrag wird acht Euro pro Monat betragen", sagt Unternehmenssprecherin Sylvia Strothotte. Er muss ausschließlich von den 1,6 Millionen Versicherten getragen werden, der Arbeitgeber oder die Rentenversicherung beteiligen sich nicht. Wenn gesetzliche Krankenkassen ihre Rücklagen aufgebraucht haben, müssen sie einen Zusatzbeitrag erheben. Mit dem Zusatzbeitrag kann sich die Krise der Kasse allerdings verschärfen. "Durch den Zusatzbeitrag von zehn Euro haben wir innerhalb eines Jahres die Hälfte unserer Mitglieder verloren", sagt Rosendahl von der BKK für Heilberufe.
"Bisher wurden die Problemfälle im System der Krankenkassen wegfusioniert", sagt Neubauer. Doch das werde künftig nicht mehr möglich sein. "Kassen mit mehr als 500 000 Mitgliedern werden es schwer haben, einen Fusionspartner zu finden", sagt Neubauer. Er rechnet damit, dass pro Jahr 20 bis 30 Kassen vom Markt verschwinden werden. "Nicht alle werden geschlossen, aber die Zahl der Schließungen wird zunehmen." Gegenwärtig gibt es noch rund 155 gesetzliche Krankenkassen. "Am Ende werden 50 übrig bleiben, wovon nur 15 bundesweit agieren werden", sagt Neubauer. Innerhalb von 20 Jahren sind bereits 1000 Kassen vom Markt durch Fusionen verschwunden.
Es drohen weitere Schließungen oder Insolvenzen. "Es gibt Kassen mit Schwierigkeiten", sagt BVA-Sprecher Tobias Schmidt. Vor fast flächendeckenden Zusatzbeiträgen warnt der Chef der KKH-Allianz Ingo Kailuweit. "Im kommenden Jahr werden die Kassen ein Defizit von vier bis fünf Milliarden Euro haben. 70 bis 80 Prozent der Kassen müssen dann Zusatzbeiträge nehmen", sagt er.
Während eine Fusion an den Versicherten spurlos vorübergeht, stellt sie eine Schließung ihrer Krankenkasse vor erhebliche Probleme. Ungeachtet aller Proteste aus der Politik und von der Aufsichtsbehörde finden viele ältere Versicherte der bankrotten City BKK weiterhin keine neue Kasse, weil sie höhere Kosten verursachen.
Die Barmer GEK hat vor dem Ansturm von City-BKK-Versicherten kapituliert. In Hamburg schloss sie am Freitag alle neun Kundencenter. "Vor den Geschäftsstellen hatten sich Schlangen gebildet", sagt Barmer-Sprecher Wolfgang Klink. "Unser Geschäftsbetrieb ist massiv beeinträchtigt, doch wir müssen uns auch um die Anliegen unserer eigenen Versicherten kümmern." In Hamburg suchen 56 000 Versicherte der City BKK eine neuen Krankenkasse. In Schleswig-Holstein sind es 16 000.
Während Verbraucherschützer davon ausgehen, dass lediglich ein Mitgliedsantrag ausgehändigt werden muss, spricht Klink von einem hohen Beratungsbedarf. "99 Prozent der Anfragen kommen von Rentnern", sagt Klink. Sie wollten wissen, wie es mit ihrer Behandlung weitergehe, und hätten einen hohen Gesprächsbedarf.
"An von der alten Krankenkasse zugesagten Leistungen kann sich nichts ändern", sagt Christoph Kranich von der Verbraucherzentrale Hamburg. Auch Behauptungen, die Pflegestufe müsse neu ermittelt werden, seien nur vorgeschoben, um die ungeliebten Kunden zu verunsichern. "Sie gilt auch für die neue Krankenkasse, kann aber von ihr überprüft werden."