Neue Sparrunde? Der griechische Ministerpräsident Papandreou kritisiert, die Medien förderten eine Kultur der Angst.

Brüssel. Trotz eines kräftigen Wirtschaftswachstums zu Jahresbeginn kommt Griechenland beim Schuldenabbau nicht voran. Im Gegenteil: Nach Prognose der EU-Kommission wird das Haushaltsdefizit 2011 und 2012 mit 9,5 und 9,3 Prozent weit größer ausfallen als angestrebt. Die Regierung in Athen hatte im Gegenzug für das 110 Milliarden Euro schwere Rettungspaket von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) versprochen, die Neuverschuldung zunächst auf 7,6 und im kommenden Jahr auf 6,5 Prozent zu drücken. „Griechenland hat die Auflagen zuletzt offenbar nicht ausreichend erfüllt“, sagte am Freitag das Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB), Ewald Nowotny. Nun droht dem Land eine neue Sparrunde.

Regierungskreisen zufolge drängen EU und IWF – deren Vertreter sich derzeit in Athen aufhalten – auf neue Kürzungen. „Die sehen die Einnahmeziele in Gefahr und fordern deshalb weitere Ausgabensenkungen“, sagte ein hoher Regierungsvertreter, der anonym bleiben wollte, zu Reuters. EU-Kreisen zufolge muss Griechenland vor allem bei den Privatisierungen einen Zahn zulegen. Dadurch könnten die Einnahmen erheblich gesteigert werden, hieß es. Nach IWF-Angaben verfügt die griechische Regierung allein über Immobilienbestände im Wert von 280 Milliarden Euro.

„DIE MÄRKTE PRÜGELN UNAUFHÖRLICH AUF UNS EIN"

Griechenland ist auf die nächste Rate aus dem Rettungspaket in Höhe von zwölf Milliarden Euro dringend angewiesen, um seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können. Fließt das Geld nicht, droht dem Land die Pleite. Im Juni muss es 13,7 Milliarden Euro an seine Gläubiger zurückzahlen.

Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou sieht sein Land trotzdem auf dem Weg der Besserung – und als Opfer einer dramatischen Schwarzmalerei an den Märkten und in den Medien. „Selbst der IWF sagt heute, dass unsere Schulden tragbar sind“, sagte er in Oslo. „Trotzdem prügeln die Märkte unaufhörlich auf uns ein, die Medien sagen einen Weltuntergang voraus, und das fördert eine Kultur der Angst.“ Papandreou forderte Europa zur Geschlossenheit auf, um die gemeinsame Währung zu verteidigen. „Es gibt kein Zurück vom Euro. Aber wir gehen auch nicht genug voran“, kritisierte der Regierungschef. „Wir suchen nach Prügelknaben, wir spielen Schwarzer Peter: Wir sagen, der Norden ist schuld, die Peripherie ist schuld, die Migranten sind schuld.“ Diese Haltung lähme Europa.

Die griechische Wirtschaft überraschte von Januar bis März mit dem ersten Wachstum seit Ende 2009. Es fiel mit 0,8 Prozent im Vergleich zum Vorquartal sogar kräftig aus, nachdem es Ende 2010 noch um 2,8 Prozent eingebrochen war. „Das ist definitiv keine Trendwende“, warnte Commerzbank-Ökonom Christoph Weil vor übertriebenem Optimismus. „Griechenland verharrt in der Rezession.“ Schon im Frühjahr dürfte das Bruttoinlandsprodukt wieder schrumpfen. Die EU-Kommission erwartet für 2011 ein Minus von 3,5 Prozent – nachdem sie bislang von minus drei Prozent ausgegangen war. Die Wirtschaft leidet unter dem harten Sparporgramm der Regierung, das von Steuererhöhungen bis Lohnkürzungen reicht. 2012 soll es dann ein Wachstum von 1,1 Prozent geben.