Am Freitag kommt das vermeintliche Produkt des Jahres in den deutschen Handel. Wettbewerber wie Dell und Hewlett-Packard rüsten auf.

Hamburg. Dell nimmt den Kampf gegen Apple auf. Der drittgrößte Computerhersteller der Welt zeigt kurz vor der Markteinführung des iPads in Europa einen eigenen Tabletcomputer namens Streak. Er soll in Großbritannien im Juni auf den Markt kommen. Die Einführung in den USA folgt im Laufe des Sommers. Streak funktioniert ähnlich wie Apples iPad, hat aber mit 12,7 Zentimetern einen nur etwa halb so großen Bildschirm.

Streak basiert auf Googles Android-Betriebssystem. Er kann sich drahtlos und via UMTS mit dem Internet verbinden. Anders als das iPad unterstützt Streak Flash-Videos und ermöglicht auch Video-Chats. Preise hat Dell noch nicht genannt, aber Analysten spekulieren, dass das Gerät deutlich billiger sein dürfte als Apples Tabletcomputer. Das Gerät ähnelt von der Größe her einem Smartphone und kann in der Tasche getragen werden.

Auch Hewlett-Packard, der weltgrößte Computerhersteller, hat einen iPad-Rivalen namens Slate angekündigt, aber noch keine Details genannt. Weitere Tabletcomputer von anderen Herstellern dürften folgen.

Das könnte sich lohnen: Selten hat ein Stück Technik so viele Hoffnungen auf sich vereint wie Apples Tablet-Computer. Die Print-Verleger erhoffen sich eine Plattform für elektronische Zeitungsausgaben, mit denen sich möglicherweise eine neue Zukunft in Zeiten sinkender Auflagen aufbauen lässt. Die Buch-Branche, die Angst hat, wie die Kollegen der Musikindustrie vom Internet zerrieben zu werden, will das iPad als Lesegerät etablieren.

Die Film- und Fernsehproduzenten bauen auf einen neuen Absatzweg für ihre Kinostreifen und Serien. Und manche Technikexperten sehen in dem Gerät, das mit den Fingern über einen berührungsempfindlichen Bildschirm mit bedient wird, gar den Wegweiser für die Zukunft der Computertechnik.

Das Wirtschaftsmagazin „Economist“ fing die Stimmung ein, als es Apple-Chef Steve Jobs im Messias-Gewand mit einem iPad in der Hand auf sein Cover brachte. Von diesem Freitag an kann man sich in Deutschland selbst überzeugen, was an dem Hype um das „magische und revolutionäre Gerät“ (Zitat von Apple) dran ist: Die ersten Versionen des iPad kommen auch hierzulande in den Handel.

Der internationale Start hat sich um rund einen Monat verschoben - weil die Nachfrage in den USA so hoch war, sagt Apple. Immerhin wurden in den vier Wochen seit der Markteinführung Anfang April eine Million iPads verkauft.

Mit dem iPad wagt sich Apple auf ein Feld, auf dem schon einige gescheitert sind. So hatte Microsoft-Gründer Bill Gates vor knapp zehn Jahren versucht, mit einem Tablet-Computer zu punkten. Doch die tragbaren Touchscreen-PCs blieben ein Nischenprodukt etwa für Lagerarbeiter, die neue Lieferungen abhaken. Auch kleinere Versionen wurden vor einigen Jahren zum Ladenhüter: Zu schwer, zu schwachbrüstig, zu kurze Akkulaufzeit.

Macht Apple mit seinem „Riesen-iPhone“ alles besser? Konzernchef Jobs ließ schon vor der Vorstellung des Geräts im Januar durchsickern, das iPad sei das Wichtigste, woran er jemals gearbeitet habe. Herausgekommen ist ein typisches Apple-Produkt: Elegantes Design, einfache Bedienung, hoher Preis. Zwischen 499 und 799 Euro kostet der Eintritt in die iPad-Welt. Für um die 300 Euro bekommt man jedoch schon ein Mini-Notebook mit Tastatur und allen vom PC bekannten Anschlüssen.

Doch wie die ersten zwei Monate zeigen, sind überall auf der Welt Millionen Menschen bereit, mehr zu bezahlen, um das iPad in der Hand zu halten. Neben der erprobten Marketingmacht von Apple dürfte das vor allem einen Grund haben: Das iPad mutet wie das perfekte Gerät für den digitalen Medienkonsum an. Es wiegt rund 700 Gramm, der von Apple entworfene Prozessor ist rasend schnell und die Batterie hält lange genug, dass der Nutzer nicht ständig nach einer Steckdose Ausschau halten muss.

Vor allem die Medienbranche ist vom iPad-Virus infiziert. Die Verlage arbeiten unter Hochdruck an Programmen, mit denen sie Texte, Bilder und Videos miteinander verwoben elegant präsentieren können. In Deutschland wollen unter anderem der „Spiegel“ und die „Welt“ auf dem iPad dabei sein. Die Buchbranche freut sich auf Apples Online- Shop iBook, weil sie in ihm für digitale Bücher zum Teil höhere Preise durchsetzen konnte als beim Konkurrenten Amazon. Allerdings fehlen zum Marktstart des iPad noch die aktuellen Buchtitel aus Deutschland.

Doch in die Euphorie mischen sich auch Zweifel. Wie geht es weiter, wenn der erste Hype nachlässt? Was passiert, wenn die Menschen doch nicht für die aufbereiteten Inhalte der Medienbranche bezahlen wollen? Wie gut werden die Wettbewerber sein? Denn viele konkurrierende Tablets stehen schon in den Startlöchern. Kaum ein Branchenbeobachter zweifelt daran, dass in absehbarer Zeit auch der Internet-Riese Google mit seiner Marktmacht in den Markt vorpreschen wird. Die deutsche Firma Neofonie, die mit ihrem „WeTab“ vor allem einheimische Verleger gewinnen will, wirkt dagegen wie ein Zwerg.

Die Branchen-Analysten von Morgan Stanley rechnen für 2011 mit einem Absatz von 9 bis 12 Millionen iPads. Insgesamt dürften dann weltweit mehr als 200 Millionen mobile Computer verkauft werden. Es wäre zwar immer noch ein recht niedriger Marktanteil, aber immerhin eine ausreichende Nutzerbasis für ein profitables Geschäft. Und Apple kann sich einen langen Atem leisten: Der US-Konzern sitzt auf einem Geldberg von mehr als 30 Milliarden Dollar.