Als erstes Bundesland prescht Thüringen mit einer Hilfszusage für die GM-Tochter Opel vor - und will damit Druck auf den Bund ausüben.

Erfurt/Brüssel. Thüringen hat als erstes Bundesland eine Bürgschaft über 27,2 Millionen Euro für Opel beschlossen. Wirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD) sagte nach einer Kabinettsitzung in Erfurt, Voraussetzung für die Bürgschaft sei die Sicherung der Fabrik in Eisenach und der dortigen Arbeitsplätze.

Gleichzeitig stand eine Bundesbürgschaft auf der Tagesordnung des „Lenkungsrates Unternehmensfinanzierung“, der Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) berät. Die Bundesregierung will aber erst Ende Mai oder Anfang Juni entscheiden. Die Freigabe „kann man nicht aus der Hüfte beschließen“, sagte Brüderle am Dienstag am Rande eines EU-Wettbewerbsrates in Brüssel.

Machnig forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, ihren Teil zum Erhalt des Unternehmens beizutragen. Es sei ein „Treppenwitz“, wenn die Länder Ja sagten und sich der Bund weigere. Den Menschen sei nicht zu vermitteln, wenn innerhalb von Tagen Milliarden-Pakete zur Rettung der Finanzwirtschaft durch den Bundestag gebracht würden, es aber in anderthalb Jahren nicht gelinge, eine vergleichsweise geringe Summe zur Rettung eines wichtigen Unternehmens zu verbürgen.

Brüderle zeigte Verständnis für Bürgschaften der Bundesländer. Dies sei deren Recht. Es gebe aber für Zahlungen aus dem Deutschlandfonds ein geordnetes Verfahren. Obwohl die EU die Hilfen noch billigen müsse, werde die Bundesregierung ohne Absprachen mit anderen Ländern mit Opel-Standorten entscheiden. „Das liegt in unserer Eigenverantwortung“, sagte Brüderle. Auf Deutschland kommen bei Opel rund 1,1 Milliarden Euro Bürgschaft zu. Von denen soll der Bund knapp 50 Prozent tragen, der Rest die Länder.

Das „Handelsblatt“ hatte zuvor berichtet, dass drei der vier Bundesländer mit Opel-Standorten Bürgschaften für den Autobauer auf den Weg bringen wollten. Damit solle der Druck auf die Bundesregierung erhöht werden, schrieb das Blatt unter Berufung auf Informationen aus Rheinland-Pfalz, Thüringen und Nordrhein-Westfalen. Das größte Opel-Werk steht in Hessen (Rüsselsheim).

Auch der Betriebsratsvorsitzende des Opel-Standortes Eisenach, Harald Lieske, bezeichnete die Hilfen Thüringens als Signal in Richtung Bund. Im MDR sagte er: „Wer bereit ist, für den Euro und für Griechenland Milliarden zur Verfügung zu stellen, der sollte das auch bitteschön für Arbeitsplätze im eigenen Land tun.“ Die Politik sei in der Pflicht, alle Werke in Deutschland und die Arbeitsplätze zu sichern.

Während das Wirtschaftsministerium in Rheinland-Pfalz angab, am Dienstag noch keine Entscheidung zu einer Bürgschaft für Opel zu treffen, wollte Nordrhein-Westfalen den Zeitungsbericht nicht kommentieren. Generell zeigten sich beide Bundesländer jedoch positiv gegenüber einer Bürgschaft für Opel.

Auch Opel-Chef Nick Reilly zeigte sich zuversichtlich, dass bereits am heutigen Dienstag im Lenkungsrat des Deutschlandfonds eine Vorentscheidung falle und bis Anfang Juni Klarheit über das Hilfspaket der Regierungen herrsche. Der Lenkungsrat werde „ein Signal in Sachen Staatshilfe setzen, und natürlich hoffen wir auf ein positives Zeichen“, wird Reilly im „Handelsblatt“ zitiert.

Auch die Gespräche mit den übrigen europäischen Ländern befänden sich in der Endphase. „Wir sind da sehr weit fortgeschritten. Neben Großbritannien hat uns inzwischen auch Polen zugesagt, dass es Opel mit Hilfen unterstützen werde“, sagte Reilly.

Opel hofft europaweit auf Staatshilfen von 1,8 Milliarden Euro. In der vergangenen Woche hatte der Autobauer seinen Sanierungsplan bekanntgegeben. Demnach sollen jährlich 265 Millionen Euro bei den Lohn- und Personalkosten eingespart werden. Der Sanierungsplan war Bedingung für Staatshilfen.

Die Konzernmutter General Motors hatte im ersten Quartal 2010 einen Gewinn von 856 Millionen Dollar erwirtschaftet und damit erstmals seit 2007 wieder schwarze Zahlen geschrieben. Danach wurden in der Politik Stimmen laut, dass eine Staatsbürgschaft für Opel nicht mehr erforderlich sei.