Laut Ermittlerkreisen könnte in dem Dokument der Zustand Schumachers beschrieben sein. Die Daten werden für 60.000 Franken angeboten. Nun wird ermittelt, wer sie gestohlen hat.
Grenoble. Im Falle des Diebstahls der Krankenakte von Michael Schumacher hat die Klinikleitung des Universitätskrankenhauses in Grenoble bislang keine Hinweise auf einen Hacker-Angriff gefunden. „Wir haben unser komplettes IT-System sofort von Experten überprüfen lassen, um zu klären, ob es Suchanfragen nach der Akte von Michael Schumacher oder Hacker-Angriffe von außen gegeben hat. Wir konnten aber keine Spuren finden“, sagte Generaldirektorin Jacqueline Hubert der Bild-Zeitung und bestätigte ihre Aussage zudem der Nachrichtenagentur AFP.
Alle Mitarbeiter mit Zugriff zu dem Dokument würden nun von der Polizei befragt. „Das ist nur eine begrenzte Anzahl von Personen. Der behandelnde Arzt hat eine Handvoll Mitarbeiter bestimmt, die Zugriff zu Schumachers Akte haben dürfen“, sagte Hubert. Diese sei „zuletzt unter einem falschen Namen im System abgelegt“ gewesen.
Wie Staatsanwalt Jean-Yves Coquillat aus Grenoble zuletzt der Nachrichtenagentur AFP bestätigte, hat die französische Polizei ein Strafverfahren eingeleitet, die Untersuchungen beginnen am Freitag.
Am Montagabend hatte Schumachers Managerin Sabine Kehm den Vorfall bestätigt. „Wir können nicht beurteilen, ob die Unterlagen echt sind. Fakt ist jedoch: Die Unterlagen sind gestohlen“, sagte sie. Kehm wies ausdrücklich darauf hin, „dass der Ankauf solcher Unterlagen/Daten sowie deren Veröffentlichungen verboten sind.“
Krankenakte wohl Arztbrief aus Grenoble
Bei der Jagd nach Informationen über den Gesundheitszustand von Formel-1-Rekordweltmeister Michael Schumacher schrecken manche offenbar auch vor kriminellen Methoden nicht zurück: Unbekannte haben „wahrscheinlich“ einen Teil der Krankenakte des bei einem Skiunfall schwer verunglückten 45-Jährigen gestohlen, wie die Staatsanwaltschaft im französischen Grenoble am Dienstag bestätigte. Die Uni-Klinik Grenoble, in der Schumacher monatelang lag, und Schumachers Anwälte erstatteten Anzeige.
Bereits am Montagabend informierte Schumachers Managerin Sabine Kehm über den Vorfall: „Seit einigen Tagen werden einigen Medienvertretern gestohlene Dokumente/Daten zum Kauf angeboten, von denen der Anbieter behauptet, es handele sich um die Krankenakte von Michael Schumacher“, erklärte Kehm in einer Stellungnahme. „Wir können nicht beurteilen, ob die Unterlagen echt sind. Fakt ist jedoch: Die Unterlagen sind gestohlen. Der Diebstahl wurde angezeigt. Ermittlungsbehörden sind eingeschaltet.“
Nach Angaben aus französischen Ermittlerkreisen handelt es sich bei dem gestohlenen Dokument um einen Arztbrief, in dem die medizinische Behandlung Schumachers in Grenoble zusammengefasst wird. Das elf- bis zwölfseitige Schreiben war für die Klinik in Lausanne bestimmt, in die Schumacher am Montag vergangener Woche nach fünfeinhalb Monaten in Grenoble verlegt und zur Reha gebracht worden war.
Ermittlungen wegen „Diebstahls und Verletzung des Arztgeheimnisses“
Der Staatsanwalt von Grenoble, Jean-Yves Coquillat, sagte der Nachrichtenagentur AFP, es sei „wahrscheinlich“, dass dieses Dokument gestohlen worden sei, aber „noch nicht erwiesen“. Demnach leiteten die Behörden am vergangenen Freitag Ermittlungen ein, einen Tag nach dem Eingang der Anzeige der Uni-Klinik Grenoble wegen „Diebstahls und Verletzung des Arztgeheimnisses“. Die Klinik erklärte, von Schumachers Managerin darauf aufmerksam gemacht worden zu sein, dass das Dokument Journalisten angeboten werde.
„Der oder die Täter haben eine bestimmte Zahl von französischen, Schweizer und deutschen Journalisten kontaktiert“, sagte Staatsanwalt Coquillat. „Diese Person, die per E-Mail kommuniziert, verlangt 60.000 Schweizer Franken (48.000 Euro) für das Dokument.“ Um seine Angaben zu untermauern, habe der Unbekannte einen Teil des Dokuments angefügt.
Die Polizei in Grenoble befragt nun alle Klinikmitarbeiter, die Zugriff auf den Arztbrief gehabt haben könnten. Zugleich überprüfte das Krankenhaus sein Computersystem auf einen möglichen Hackerangriff oder unbefugten Zugang. Um Schumachers Privatsphäre zu schützen, hatte die Uni-Klinik strikte Sicherheitsvorkehrungen getroffen.
Managerin Kehm warnt vor Veröffentlichung
Kehm warnte Medien vor einer Veröffentlichung des Dokuments: „Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass der Ankauf solcher Unterlagen/Daten sowie deren Veröffentlichungen verboten sind. Daten aus der Krankenakte sind höchst vertraulich und dürfen der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht werden.“ Bei einer Veröffentlichung drohte Kehm Strafanzeige an.
Schumacher war Ende Dezember im französischen Skigebiet Méribel bei einem Sturz mit dem Kopf auf einen Felsen geprallt. Er erlitt ein schweres Schädel-Hirn-Trauma und lag wochenlang im Koma. Am Montag vergangener Woche wurde er unter größter Diskretion von Grenoble zur Reha nach Lausanne gebracht. Er ist nach Angaben seiner Managerin aus dem Koma erwacht.
Schumachers Unfall hatte ein riesiges Medieninteresse ausgelöst. Dabei wurde auch zu unlauteren Mitteln gegriffen: So soll kurz nach dem Unfall ein Journalist versucht haben, sich als Priester verkleidet Zugang zu Schumacher in dessen Krankenzimmer zu verschaffen.