Nürnberg. Auch Männer greifen immer häufiger zu Kosmetikprodukten. Aber was braucht Männerhaut wirklich – und was ist überflüssig?
In den Regalen für Männerkosmetik reihen sich immer mehr Produkte ein. Inzwischen müssen sich Männer nicht mehr schämen, wenn sie mehr Wert auf die Haut- und Haarpflege legen, sogar Bundestrainer Joachim Löw macht es in Werbespots vor. Bei der Schwemme an neuen Produkten wird es allerdings immer schwieriger zu überblicken: Was brauchen Männer wirklich - und was ist überflüssig?
Knapp zehn Prozent Zuwachs verzeichnete etwa der Kosmetikhersteller L’Oréal beim Verkauf von Männer-Pflegeprodukten für das Gesicht im Jahr 2014. Ludger Neumann forscht an den Produkten und erkennt inzwischen ein Anzeichen für einen Paradigmenwechsel. „Zwar denkt die Mehrheit der Herren bei gutem und gesundem Aussehen noch immer zuerst an einen trainierten Körper und volles Haar, doch Männer registrieren auch, dass Kollegen mit vitaler und reiner Gesichtshaut selbstsicherer auftreten“, sagt Neumann.
Dafür brauchen Männer andere Produkte als Frauen. Auf den ersten Blick sehen sich Frauen- und Männerhaut zwar sehr ähnlich. Beim genaueren Hinsehen weist die Männerhaut jedoch mehr Talgdrüsen auf. Sie ist außerdem bis zu 30 Prozent dicker und hat einen höheren Fettgehalt, der dafür sorgt, dass sie nicht so schnell austrocknet. „Unter diesen Aspekten ist die Haut daher anspruchsloser und weniger faltenanfällig“, sagt Visagist Boris Entrup.
Junge Männer haben oft unreine Haut
Für den Unterschied sorgen die Hormone: Bei Frauen nimmt das weibliche Sexualhormon Östrogen mit dem Alter ab - und mit ihm die Hautdicke. Dabei verliert die Haut Spannkraft, und die Trockenheit nimmt zu. Deshalb altert Frauenhaut gerade nach der Menopause deutlich schneller als die von Männern. Männer klagen im Alter weniger über Falten, dafür aber oft noch über fettige Haut wie zu Teenager-Zeiten. Durch das männliche Hormon Testosteron produzieren die Talgdrüsen nämlich bis zu ein Drittel mehr Hautfett.
Besonders junge Männer leiden deshalb häufiger an unreiner Haut oder Akne als junge Frauen. Deshalb sollten sie nicht zum Cremetiegel der Partnerin greifen. „Sie riskieren verstopfte Talgdrüsen, die Pickel verursachen“, sagt Reto Peirano, der bei Beiersdorf spezielle Produkte für Männer mitentwickelt.
Eine Besonderheit für die Pflege des Gesichts ist bei Männern außerdem die Rasur: Die Haut wird durch das regelmäßige Stutzen der Gesichtshaare stark strapaziert, was zu Rötungen und auch kleinen Pickeln führen kann. Außerdem verfüge Männerhaut über weniger Antioxidantien als die Haut von Frauen, sagt Entrup. Im Badschrank sollten deshalb optimalerweise sanfte Reinigungsprodukte stehen, beruhigende und Feuchtigkeit spendende leichte Cremes mit möglichst wenig Fettgehalt und auf jeden Fall Sonnenschutz.
Für die Nassrasur wird außerdem ein Rasierschaum oder -gel empfohlen. Die Produkte schützen die Haut besser vor den scharfen Klingen als bloßes Wasser. Zum Abtrocknen sollte aus Hygienegründen ein eigenes Gesichtshandtuch bereitliegen, das tagsüber gut austrocknen kann. Nach dem Prozedere braucht es dann Kühlung und Entspannung für die Haut. Ein After-Shave versorgt das Gesicht mit den geforderten Wirkstoffen.
Beim Hautarzt über Hauttyp informieren
Neumann empfiehlt Männern, die ihre Haut schlecht einschätzen können, sich etwa beim Hautarzt über den eigenen Hauttyp zu informieren. Wer zum Beispiel empfindliche Haut hat, kann zu einem After-Shave-Balsam greifen. „Es enthält wenig bis keinen Alkohol und ist dadurch sehr mild und bietet dennoch Kühleffekt und Pflege“, sagt Entrup.
Wer den Bart stehen lässt, hat häufig mit trockener und spröder Haut zu kämpfen - speziell wenn draußen kalte und trockene Luft der Haut die nötige Feuchtigkeit entzieht. „Ganz wichtig ist es deshalb auch für Männer, die exponierten Hautareale wie Gesicht, Hände und Lippen mit befeuchtenden Pflegeprodukten zu versorgen“, sagt Peirano. Für draußen gibt es zum Beispiel Kälteschutzcremes mit Lichtschutz. „Die sollte man jedoch abwaschen, wenn es wieder reingeht, sonst kann sich ein Hitzestau auf der Haut bilden“, rät Entrup.
Oft vergessen wird, dass auch die Haut unter einem Bart gepflegt werden muss. Sonst fängt sie an, unangenehm zu jucken. Gegen den Juckreiz gibt es in Drogeriemärkten inzwischen eine große Bandbreite an Cremes, Gels und Waschlotionen, die speziell für Bartträger entwickelt wurden. Mit ihnen wird die Haut unter dem Bart mit Feuchtigkeit versorgt, das Jucken verschwindet.