“Das ist ja wohl der Gipfel“, möchten selbst Nicht-Bergsteiger ausrufen und verwundert auf den höchsten Berg der Erde starren.
Hamburg. Ohne eine exakte Höhenangabe bröckelt er im Brockhaus vor sich hin: Hat der Mount Everest nun 8850 Meter (laut Messung von 1999) oder fehlen ihm dazu zwei Meter (Angabe seit 1954)? Misst er vielleicht nur mickrige 8846 Meter, wie die, laut Lexikon, "1992 erstmals gleichzeitig von nepalesischer und chinesischer Seite durchgeführte Neuvermessung" ergab?
Seit dieser Messung kühlte das Klima zwischen Nepal und China merklich ab - im Dauerstreit um eisige 3,57 Meter. Denn Nepal beharrte auf 8848 Everest-Höhenmeter, während China nur vergleichbare 8844,43 akzeptierte.
Gestern verkündete ein hochrangiger Beamter aus Nepal, der Streit sei endlich beigelegt. Die salomonische Begründung: Beide Seiten dürfen jetzt an ihren Positionen festhalten. China akzeptiere, "dass die Schneehöhe des Mount Everest 8848 Meter beträgt, während die nepalesische Seite Chinas Annahme billigt, dass die Felshöhe 8844,43 Meter beträgt".
Schneehöhe? Felshöhe? Das kann nicht lange gut gehen. Denn saisonbedingt schwankt das Eis hoch oben zwischen einem und drei Metern. Generell schmilzt es sowieso unter der klimageschockten Himalaja-Höhensonne. Ob mit oder ohne Zahlendreher soll es irgendwann zwischen 2035 und 2350 perdu sein. Und drunter wird der nackte Everest-Gipfel hervorlugen und alle Altberechnungen hochnehmen.
Nur ein paar Unwägbarkeiten tun sich bis dahin noch auf. So mutmaßen Geologen: Der Berg wächst auf Dauer - wegen der wandernden Kontinentalplatten. Unkalkulierbar sind auch die Müllberge, die zum Gipfel immer höher werden und ihn statt der Eiskuppe eines Tages verbergen könnten. Hundertschaften Everest-Erklimmer alljährlich lassen Leitern, Seile und Sauerstoffflaschen unter sich, trotz Müllkaution und Strafe für jeden, der an den Kontrollpunkten als Abfallsünder erwischt wird.
Wer's genau wissen will, wie hoch der höchste Berg ist, wird selbst aufsteigen müssen und darauf vertrauen, dass sein Höhenmesser funktioniert und sein Hirn trotz Sauerstoffmangels mit jedem Höhenmeter und permanent schwindendem Luftdruck nicht allzu sehr in Mitleidenschaft gerät.