Hamburg. Mancher Großvater erinnert sich noch an Zeiten, als Popstars auf Tournee gingen, um ihr neues Album zu bewerben. Heutzutage allerdings sind Tourneen die letzte Möglichkeit sowohl für Rockbands als auch für Schlagersänger, um den aufwendigen Lebensstil eines Stars - Sex, Drugs und Riester-Rente - finanziell abzusichern.

Dementsprechend groß ist die Konkurrenz im Livemusik-Sektor. Die Weltstars schauen jetzt nahezu jährlich in Hamburg vorbei und schöpfen mit exorbitanten Ticketpreisen den Rahm ab; von günstig zu habenden Lokalhelden wie Lotto King Karl oder Stefan Gwildis, die scheinbar gleich hinter der Hamburger Stadtparkbühne ihren Erstwohnsitz haben, ganz zu schweigen.

Wie also sorgt man im prallvollen Konzertkalender noch für Aufmerksamkeit? Das Stichwort ist altbewährt: "Abschiedstournee". Die Scorpions gaben im Januar bekannt, nach einem in zwei Wochen erscheinenden finalen Album nur noch eine Welttournee durchzuziehen und sich dann aufzulösen. Man wolle nicht tot auf der Bühne umfallen, wie Sänger Ihr-wisst-schon-welchen-Klaus-ich-Meine im Abendblatt-Gespräch (siehe Seite 15) bekräftigte. Der beste Zeitpunkt für ein würdevolles Abtreten mag vielleicht eher der sensationelle Auftritt 2006 beim Wacken Open Air gewesen sein, aber jetzt weht der von Klaus Meine gepfiffene "Wind Of Change" die Fans noch einmal zum Kartenvorverkauf.

Dabei stehen die Scorpions in fünf Jahren vielleicht wieder auf der Matte. Die Popgeschichte hat gelehrt: Sie kommen immer zurück. Was haben die Fans von Westernhagen oder Howard Carpendale nicht bittere Tränen bei groß angekündigten Abschiedskonzerten vergossen, nur um kurz darauf mit einem "Da bin ich wieder" überrascht zu werden? Blues-Opa B. B. King ist seit mittlerweile fünf Jahren permanent auf Abschiedstournee unterwegs, KISS (31. Mai, Color-Line-Arena) sogar seit zehn Jahren.

Für Pop gilt das Gleiche wie für Muhammad Ali, Lance Armstrong, Michael Jordan, Mario Lemieux und ab Sonntag Michael Schumacher: Wir werden sie nicht los. Hoffentlich nehmen sich die Flippers - bitte, bitte - nach ihrer Abschiedstour im März 2011 ein Beispiel an den Beatles: Die haben ihr Comeback definitiv ausgeschlossen ... zumindest solange John Lennon und George Harrison noch tot sind.