Rudern, Segeln, Paddeln, Stehpaddeln – Boote und Sportgeräte zum Ausleihen. Jeder kann sich hier austoben. Das Abendblatt hat es getestet
Von Graf Adolf III. werden die Tausenden von Freizeit- und Leistungssportlern, die sich übers Jahr auf der Alster tummeln, zum ganz überwiegenden Teil noch nie etwas gehört haben. Dabei hätte jener Adolf III., Edler Herr von Schauenburg und Graf von Holstein und Stormarn, wie er sich ganz korrekt nannte, noch heute täglich Lob und Dank verdient. Es war 1190, als er auf die Idee kam, den vergleichsweise kleinen Fluss Alster mit einem Damm zu einem Mühlenteich aufzustauen, um eine Kornmühle zu betreiben. Die unbewohnten Alsterwiesen wurden dabei überschwemmt, es entstand der Alstersee, der seit Errichtung der Wallanlagen in Außen- und Binnenalster geteilt ist.
Es ist vor allem die Außenalster, die ein prägendes Merkmal Hamburgs ist, die Stadt so unverwechselbar macht und den Freunden des Wassersports mitten in der Metropole eine großartige Gelegenheit gibt, ihrem Hobby nachzugehen. Dabei pflegen Tradition und Moderne ein harmonisches Nebeneinander, begegnen sich etwa Ruderer und Stand-up-Paddler, Segler und seit Neuestem Wasserradler und teilen ihre Freude, die einzigartigen Blicke aus den verschiedenen Winkeln auf diesem Gewässer genießen zu können.
164 Hektar misst die Außenalster, die sich von der Krugkoppel- und Streekbrücke im Norden bis zur Kennedy- und Lombardsbrücke im Süden erstreckt und damit so groß wie 230 reguläre Fußballfelder (105 mal 68 Meter) ist.
Um sich auf der Alster sportlich mehr oder minder intensiv zu betätigen, gibt es diverse Angebote, wobei erst einmal zu klären ist, ob dies ein regelmäßiges Hobby oder doch nur ein seltener Höhepunkt sein soll. Im ersten Fall bietet sich sicherlich eine Mitgliedschaft in einem der an der Außenalster selbst oder den zahlreichen Kanälen gelegenen Ruder- und Segelclubs an, auch wenn dies kein ganz billiges Vergnügen ist. Der Norddeutsche Regatta Verein (NRV) und der schon 1836 gegründete Der Hamburger Germania Ruder Club (DHuGRC) haben durch ihre neue Clubhäuser zusätzlich an Attraktivität gewonnen. Doch auch der RC Favorite Hammonia, der RC Allemannia und die RG Hansa bieten ihren rudernden Mitgliedern das Privileg, ihren Steg direkt am Ufer der Außenalster zu haben. Bei den Segelclubs trifft dies neben dem NRV auch auf den Hamburger Segel Club auf der Gurlittinsel zu.
Für Kurzentschlossene bieten derweil rund um die Außenalster diverse Bootsverleihe, meist in Kombination mit einer Gastronomie direkt am Wasser, die Chance, sich auf noch vielfältigere Art und Weise auf dem Gewässer zu bewegen.
Ein Klassiker ist Bobby Reich, am nördlichen Rand der Außenalster zwischen Krugkoppel- und Streekbrücke gelegen. Breite Holzruderboote werden hier ebenso wie Kanus und Segelboote bis zu vier Personen stundenweise vermietet. „Nur Tretboote haben wir nicht. Ich kann die Fragerei danach auch nicht mehr hören“, sagt Geschäftsführer Hubertus Sämann. Das sind eben keine klassischen Fortbewegungsmittel auf dem Wasser. Andere Vermieter, wie etwa beim ebenfalls alteingesessenen Bodo’s Bootssteg, sehen das Ganze etwas entspannter. Hier gehören Tretboote seit Jahrzehnten zum Portfolio, dazu Segel- und Ruderboote.
Der Ruderer sitzt rückwärts zur Fahrtrichtung
Zurück zu Bobby Reich. Wir entscheiden uns aus alter Verbundenheit zu diesem Sport für ein Ruderboot, hinterlassen unseren Personalausweis als Pfand, und schon kann es losgehen. Um vom Steg über den Bug ins Boot zu gelangen, bedarf es schon etwas Mut und Gleichgewichtsgefühl, auch wenn eine Metallstange beim Abstützen hilft. Natürlich sollte man es tunlichst vermeiden, sich zu sehr zu einer Seite zu lehnen, vor allem, solange man die Skulls (im Volksmund Ruder) noch nicht quer zum Boot auf das Wasser legen kann.
Der Ruderer sitzt rückwärts zur Fahrtrichtung, ein kleiner, auf drei Stufen verstellbarer Balken dient als Halt für die Füße. Mit einem Stemmbrett eines „richtigen“ Ruderbootes hat dies nicht so viel zu tun. Am meisten aber vermisst einer, der den Sport schon mal einigermaßen ambitioniert betrieben hat, den Rollsitz. Auf der starren Holzbank sitzend bleiben die Schläge doch vergleichsweise kurz. Das Boot kommt gemächlich voran, aber auch aufgrund seiner Breite nicht in das elegante Gleiten, wie man es voller Neid bei den schmalen Booten beobachten kann, deren Besatzungen sich, oft unter Anleitung eines Trainers im Motorboot, auf die nächste Regatta vorbereiten.
Wir können dafür, da wir keine Starts, Streckenschläge und Zwischenspurts trainieren, das Ambiente weit intensiver genießen. Das mit Schilf und anderen Wasserpflanzen dicht bewachsene Ufer am Alstervorland auf der Harvestehuder Seite ist ebenso reizvoll wie der sich ständig verändernde Weitblick insbesondere in Richtung Süden. Die Hamburger Hauptkirchen, die Alsterfontäne, der Fernsehturm und nicht zuletzt die auch aus dieser Entfernung imposante Elbphilharmonie bilden eine eindrucksvolle Kulisse. Davor strahlen bei etwas Brise und Sonnenschein die weißen Segel etlicher Yachten.
Innerhalb einer Stunde, die bei Bobby Reich 15 Euro kostet, schafft man es, mit dem Ruderboot bis zum Alsterdampfer-Anleger Alte Rabenstraße zu kommen, schräg über die Alster auf die Uhlenhorster Seite zu wechseln, vorbei am Feenteich, dem NRV und der RG Hansa über den Langen Zug zurück zum Ausgangspunkt zu rudern, ohne dabei außer Atem zu geraten, aber auch ohne längere Pausen einzulegen.
Und was ist nötig, um sich ein Segelboot zu mieten? Sicherlich ein Segelschein, oder? „Man muss richtig segeln, und zwar auf der Alster“, sagt dazu Hubertus Sämann. „Manche machen irgendwann im Urlaub einen Segelschein, doch das heißt noch lange nicht, dass sie auch auf der Alster segeln können“, erklärt er. So mitten in der Stadt, mit hohen Gebäuden und auf die Alster zuführenden Straßen am Rand, sei das Revier viel tückischer als ein See irgendwo im Flachland. Das ist einleuchtend, also bietet es sich an, auf der Alster das Segeln richtig zu lernen. Neben den genannten Clubs hat auch die Segelschule Pieper, direkt vor dem Hotel Atlantic gelegen, entsprechende Angebote.
Ähnlich wie beim Rudern gibt es auch beim Kanu mehr sportlich ambitionierte und eher entspannte Varianten. Wer sich für ein Kajak – also mit zweiseitigem Paddel – entscheidet, muss schon etwas Vorwissen mitbringen. Für gelegentliche Freizeitkanuten sind die Boote geeigneter, in denen mehrere Personen mit einem Stechpaddel für das Vorankommen sorgen.
Ein ganz besonderes Angebot hat das Bootshaus Silwar in Eppendorf. Holzkanus aus den 20er- und 30er-Jahren mit Polstern und Teppich kann man hier mieten. Das ist dann eher etwas für eine gemütliche Picknicktour auf dem Wasser. Bis zur Außenalster muss man allerdings ein Stück durch den Alsterkanal paddeln.
Ausgerüstet mit einem längeren Stechpaddel sind auch die Wassersportler, die vor rund zehn Jahren erstmals auf der Alster auftauchten – die Stand-up-Paddler (SUP). Wer sich aufrecht nur auf einer Art Surfbrett stehend auf dem Wasser fortbewegt, zieht auch heute noch die Blicke der Spaziergänger auf sich – und sei es nur wegen der Erwartung, dass der SUP-Sportler bei der nächsten kleinen Welle, die ein Alsterdampfer verursacht, das Gleichgewicht verlieren und ins kühle Nass fallen muss. Das allerdings geschieht erstaunlich selten, am ehesten noch bei blutigen SUP-Anfängern während ihrer ersten Versuche zum Beispiel am Stadtparksee. Auf die bisweilen doch etwa wellige Außenalster trauen sich dann eher nur die schon etwas Erfahreneren.
Praktisch keine Vorkenntnisse erfordern die Tretboote. Es ist quasi wie Rad fahren im Sitzen und steuern wie in einem Auto.
Ach ja, und dann gibt es seit dieser Saison ja auch noch das Wasserfahrrad.