Der 23. September ist für Yvonne Ewers immer wieder ein ganz besonderer Tag. Da kommen Freunde aus ganz Deutschland, da wird bis spät in die Nacht und manchmal auch in den Morgen hinein geredet, gelacht, gegessen und getrunken.
Immerhin gilt es, einen Geburtstag zu feiern. Nicht den eigenen wohlgemerkt, sondern den von Bruce Springsteen. Diesmal war es der 57. Elf Jahre lang geht das schon so, und ein Ende ist nicht in Sicht, denn Yvonne und ihre Freunde sind von einem offenbar unheilbaren Bruce- Virus befallen.
"1988 war ich bei meinem ersten Konzert von ihm", erinnert sich Yvonne Ewers. Mit zwei Freundinnen fuhr sie damals ins Bremer Weserstadion, um Springsteen live zu sehen. "Ich war so aufgeregt, dass ich mich heute gar nicht mehr erinnern kann, welche Lieder er überhaupt gespielt hat."
Ein Schlüsselerlebnis, das ihr Leben verändern sollte. Auch wenn sie bis heute "nur" 32 weitere Konzerte des Boss' gesehen hat ("Früher habe ich Fans bewundert, die eine solche Zahl vorweisen konnten, inzwischen finde ich das richtig läppisch!"), so waren die folgenden 18 Jahre doch reich an Höhepunkten.
Ein ganz besonderer: das Konzert am 16. März 1996 in Kopenhagen, als der Boss ihr sogar die Hand gab. "Ich bin vor Begeisterung fast ohnmächtig geworden", erklärt sie, und ihre Augen leuchten, wenn sie hinzufügt: "Diese kurze Berührung spüre ich immer noch."
Auch den Juni des Jahres 2000 wird die Angestellte einer Essensauslieferungsfirma nicht vergessen: Damals flog sie extra nach New York, um vier von insgesamt zehn aufeinanderfolgenden Konzerten im legendären Madison Square Garden zu erleben. Als Bonus gabs eine Sightseeing-Tour mit dem Leihwagen nach Asbury Park/New Jersey, der Heimat von Bruce Springsteen. Für Yvonne Ewers trotz aller Strapazen ein perfekter Urlaub, der ihr Kraft gab. Und Kraft konnte sie in den vergangenen Jahrzehnten hervorragend brauchen.
Denn 25 Jahre lang musste sie dreimal pro Woche zur Dialyse, vor achteinhalb Jahren wurde ihr schließlich eine Niere transplantiert. "Vorher durfte ich nicht fliegen und musste mich überhaupt sehr schonen", erzählt sie. "Nach der Transplantation war mein erster Gedanke: Jetzt kann ich Bruce so oft sehen wie ich will!"
"Er hat eine ungeheure Ausstrahlung, die die Lebensgeister weckt", findet Yvonne Ewers, die ihr genaues Alter lieber für sich behalten möchte. "Die Durchblutung ist angeregt, der Alltag ist weg. Es zählt wirklich nur das Leben und nicht der ganze Blödsinn, der einen sonst beschäftigt", sagt sie. Dass sie und ihre zahlreichen Mit-Fans Außenstehenden als Verrückte erscheinen könnten, ist ihr egal. Ganz selbstbewusst steht sie zu ihrer Leidenschaft und hat schon vor Jahren gemeinsam mit zwei Freundinnen im Eigenverlag ein Buch zum Thema herausgebracht.
"It's Like Coming Home" versammelt teils anrührende, teils amüsante Fanberichte, die manchmal auch zu einer Art Geständnis werden - zum Beispiel wenn die Bahrenfelderin bekennt, das Allerbeste an Bruce Springsteen seien "seine knackigen Oberarme".
Natürlich war sie im vergangenen Mai in der Frankfurter Festhalle, als der Boss sein (zunächst) einziges Deutschland-Konzert im Rahmen der "Seeger Sessions Tour" gab.
Als dann vor einigen Monaten weitere Auftritte in Europa angekündigt wurden, hatte sie "keine Wahl". Tickets für Hamburg (12. Oktober in der Color-Line-Arena) und Köln orderte sie in stundenlangen aufreibenden Telefonaten noch am selben Tag, und eine der heiß begehrten Karten für die Arena di Verona, im historischen Amphitheater, konnte sie schließlich auch noch organisieren.
Unter den Geburtstagsgästen findet das niemand ungewöhnlich, haben sich doch fast alle gleich mit Karten für mehrere Europa-Konzerte versorgt - auf dass es bei der nächsten Bruce-Party wieder viel zu erzählen und auszutauschen gibt.