Rom. Italien plant die Tötung von Millionen Wildtieren, um eine besondere Delikatesse zu retten. Selbst die Armee soll jetzt einschreiten.
Italien ist für die Produktion des berühmten Prosciutto di Parma bekannt, der als „König des italienischen Rohschinkens“ gilt. Damit die Produktion nicht in Gefahr gerät, hat die Regierung nun einen Plan zur Tötung von Millionen Wildschweinen aufgelegt, um so die grassierende Schweinepest in Schach zu halten. Die nämlich könnte auf die Zuchtschweine übergehen, die für die Herstellung des berühmten Schinkens zuständig sind.
In Parma befinden sich 189 Reifungslager, im Volksmund „Schinkenfabriken“ genannt, die die Schinkenkeulen zum wertvollen Parmaschinken verarbeiten. Dafür dürfen nur Keulen von drei speziellen Schweinerassen genommen werden, die ausschließlich mit Gerste gemästet werden.
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Die Kunst des Einsalzens entscheidet dann über die Qualität des Schinkens: Echter Parmaschinken wird nur mit grobem Meersalz ohne Konservierungsstoffe und Zusätze hergestellt. Die Verarbeitung ist aufwändig und teuer – sie lässt sich nicht industrialisieren, weil damit die regionale Einzigartigkeit verloren ginge.
2,5 Millionen Schinkenkeulen wurden im vergangenen Jahr exportiert, und zwar im Wert von 260 Millionen Euro. Die Produktion des Prosciutto di Parma könnte jetzt von der Schweinepest gefährdet werden, die sich in Italien ausbreitet.
Tötung der Wildschweine soll zu einer Dezimierung von bis zu 80 Prozent führen
3,5 Millionen Euro hat die Regierung für dieses großangelegte Vorhaben zur Eingrenzung der Epidemie locker gemacht. Zu den Neuerungen gehört „der Fang, die Keulung und die Beseitigung von Wildschweinen“, was in einem Zeitraum von drei bis fünf Jahren zur Tötung von einer bis anderthalb Millionen Wildschweinen und damit zu einer Dezimierung von 60 bis 80 Prozent der derzeitigen Population führen soll.
Hintergrund: Die Regierung ist besorgt. Es gibt bereits eine Liste an Ländern, die die Einfuhr von Parmaschinken aufgrund der Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest unter Wildschweinen in Italien blockiert haben – zuletzt auch Kanada.
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Aber nicht nur Parmaschinken, sondern auch die Ausfuhr von San Daniele Schinken, einer Spezialität aus Friaul, ist gefährdet. Anfang letzter Woche hat die norditalienische Region Friaul-Julisch Venetien ebenfalls einen Plan zur Keulung von 4000 Wildschweinen bis zum Jahresende erstellt, wobei sie nicht nur die Hilfe von Jägern, sondern in diesem Fall ebenfalls die Unterstützung der Armee in Anspruch nehmen will.
25 Millionen Euro stellt die Regierung in Rom zur Entschädigung bereit
„Wenn die Afrikanische Schweinepest in die Bestände eindringt, werden wir gezwungen sein, den Fleischhandel und damit auch die des San-Daniele-Schinkens für ein Jahr zu schließen“, warnte der friaulische Regionaldirektor des Amtes für Prävention, Lebensmittelsicherheit, öffentliche Gesundheit und Veterinärwesen, Manlio Palei.
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25 Millionen Euro stellt die Regierung in Rom zur Entschädigung von Viehzüchtern zur Verfügung, die wegen der Schweinepest Schäden erlitten haben. Die Regierung räumte jedoch ein, dass weitere Maßnahmen „auf europäischer und internationaler Ebene“ erforderlich seien. Um die Blockade der Importe aus Drittländern zu überwinden, seien Verhandlungen notwendig, wie sie bereits vom Gesundheitsministerium mit Japan im Mai 2023 eingeleitet wurde. So bemüht sich die Regierung um die Unterzeichnung „eines neuen Protokolls und eines Gesundheitszertifikats für gekochte Produkte, z.B. gekochten Schinken“.
Die Afrikanische Schweinepest ist für die Gesundheit des Menschen unbedenklich, sie kann weder durch den Verzehr von Schweinefleisch noch durch den Kontakt zu Tieren auf den Menschen übertragen werden. Für die betroffenen Schweine jedoch verläuft die Krankheit meist tödlich. China setzte im Januar 2023 die Einfuhr von Schweinefleisch aus Italien aus, nachdem die Krankheit bei einem Wildschwein in der nordwestlichen Region Piemont festgestellt worden war. Die italienische Regierung ernannte daraufhin einen Sonderbeauftragten, der die Maßnahmen zur Ausrottung der Seuche koordinieren soll.
Heftige Proteste in der Toskana von Umweltschützern gegen Tötungspläne
In der Umgebung von Rom haben sich Wildschweine in den vergangenen Jahren stark vermehrt. Viele von ihnen ernähren sich vom Müll auf den Straßen. Inzwischen sind die Paarhufer auch in anderen Teilen Italiens ein wachsendes Problem geworden. Pläne der Region Toskana, 250.000 der Tiere zu töten, haben in den vergangenen Jahren für heftige Proteste gesorgt. Umweltschützer und eine Reihe von Prominenten, darunter italienische Fernsehstars, Künstler und Intellektuelle, riefen eine Kampagne gegen die geplante Tötung der Tiere ins Leben.