Berlin. Nach den Vorwürfen geht Rammstein wieder auf Tour. Das erste Konzert fand am Mittwoch in Dresden statt, begleitet von Kritik.
Mit dem ersten von vier Konzerten in Dresden setzte die Band Rammstein am Mittwochabend lautstark ihre „Europe Stadium Tour 2024“ fort. Der erste Deutschlandauftritt der Band in der „Flutrinne“, einer Open-Air-Bühne in Elbnähe, war mit Spannung erwartet worden. Doch von dem Skandal um Frontsänger Till Lindemann, dem mehrere Frauen im vergangenen Jahr Machtmissbrauch und übergriffiges Verhalten vorgeworfen hatten, war während des Auftritts wenig zu spüren.
Rammstein bietet gewohnte Show – mit Penis-Kanone
Rammstein ist bekannt für fulminante Bühnenshows inklusive Konfetti, Pyrotechnik, Feuerspektakel und die berüchtigte „Penis-Kanone“. Letztere konnten die Konzertbesucher dieses Jahr wieder live vor Ort betrachten, nachdem der überdimensionale Penis seit dem München-Konzert im Juni 2023 nicht mehr bei Konzerten verwendet wurde. Pünktlich zu den Klängen des Rammstein-Hits „Pussy“ holte Lindemann die eigenwillige Kanone in Dresden wieder auf die Bühne und spritzte damit Ejakulat anmutenden Schaum in die ersten Reihen. Show, Choreo, Musik – die Reaktionen der Rammstein-Fans in den sozialen Medien fielen begeistert aus. Alles beim Alten, also?
Nicht ganz, denn die umstrittene Row-Zero fehlte beim Show-Auftakt in Dresden. Die berüchtigte Reihe ganz vorne war vorrangig weiblichen Rammstein-Fans vorbehalten. Im vergangenen Sommer hatten mehrere dieser Frauen den Vorwurf geäußert, gezielt aus dieser Row-Zero für private Treffen mit Till Lindemann bei Aftershow-Partys oder in Hotels rekrutiert worden zu sein. Dabei soll es laut Aussagen einiger Frauen zum Einsatz von Betäubungsmitteln und missbräuchlichem Verhalten gekommen sein. Lindemann bestritt die Vorwürfe stets. Ein Ermittlungsverfahren der Berliner Staatsanwaltschaft gegen ihn wurde wegen Mangels an Beweisen eingestellt.
- Comedian: Oliver Pochers Umgang mit Frauen – „Er weiß, wo es weh tut“
- Psychologin: Darum halten die Fans eisern zu Rammstein
- Pop-Titan: Experte über Dieter Bohlen: „Der Traum einer jeden Frau“
- Psychologe: Richard David Precht „fehlt die zentrale Eigenschaft eines Denkers“
- Nach langer Auszeit: Raab vor Comeback? „Er muss seinen Humor zwingend ändern“
Demonstranten forderten „Konsequenzen für Rammstein“
Beim Konzert in Dresden wurde aber nicht nur auf die Reihe der Auserwählten verzichtet. Der Veranstalter wies im Vorfeld ausdrücklich darauf hin, dass die Band bei einer von Fans organisierten Aftershowparty nicht dabei sein werde. Vor dem Konzert formierte sich Widerstand: Am Mittwochnachmittag kamen auf dem Jorge-Gomondai-Platz in Dresden gleich zu Beginn etwa 150 Menschen zu einer Demonstration gegen Rammstein zusammen. In einem offenen Brief an den Oberbürgermeister forderte das Bündnis „Konsequenzen für Rammstein“ die Absage der vier Konzerte in Dresden. Auf einem großen Transparent war zu lesen: „Vor Gericht statt auf der Bühne“.
Lesen Sie auch: Staatsanwaltschaft stellt Verfahren gegen Lindemann ein
Der Demonstrationszug zog gegen Abend in Richtung des Konzertgeländes. Auf dem Parkplatz der Dresdner „Flutrinne“ fanden Kundgebungen des Protestmarsches statt. Dabei trafen die Rammstein-Gegner auf einige der rund 52.000 Konzertbesucher. Die Begegnung blieb aber weitgehend friedlich. Bereits im Voraus hatte der Versammlungsleiter gemahnt, sich „von niemandem provozieren“ zu lassen.
Auch die Rammstein-Fans – darunter wie immer auch viele Frauen – schienen sich nur mäßig von der Demonstration stören zu lassen. Laut T-Online wurde ein Mann mit der Parole „Rammstein für Deutschland“, AfD-Sympathie-Bekundungen und der Drohung „unsere Zeit wird kommen“ auffällig. In der Bar „Altes Pumphaus“ seien mehrere angetrunkene Männer von der Polizei zurückgedrängt worden, als die Demonstranten vorbeizogen. Zu größeren Ausschreitungen kam es jedoch nicht, die örtlichen Behörden sprachen von einem ruhigen Abend.
Open-Air-Konzert stößt auf Kritik
Rammstein-Gegner hatten im Vorfeld auch dagegen protestiert, dass die Konzerte in Dresden als Open-Air-Veranstaltungen stattfinden durften. „Weil es ein Open-Air-Konzert ist, werden die sexistischen Texte in der ganzen Stadt zu hören sein. Für Betroffene ist das ein unerträglicher Zustand“, heißt es in dem offenen Brief der Initiative „Konsequenzen für Rammstein“. Aufgrund der geltenden Lärmschutzverordnung des Freistaates Sachsen musste das Konzert früher beginnen als gewöhnlich und war vor 22 Uhr beendet. Lindemanns einzige Worte an seine Fans an diesem Abend: „Vielen, vielen Dank.“
Am selben Tag wie der Tourauftakt wurde auch ein Podcast von NDR und Süddeutscher Zeitung zu den Vorwürfen rund um Rammstein und Till Lindemann veröffentlicht. In „Rammstein – Row Zero“ sprechen Frauen über ihre Erfahrungen mit Lindemann bei Rammstein-Konzerten. Die investigative Recherche untersucht in vier Folgen das mutmaßlich von Lindemann aufgebaute Rekrutierungssystem bei Rammstein-Konzerten.
- Schauspielerin: Marianne Koch übers Altern – „Man ist nicht Sklave der Gene“
- Star-Patissier: Christian Hümbs über TV-Job – „Wie eine zweite Familie“
- „Hundeflüsterer“: Martin Rütter über schweren Verlust – „Hätte sofort losgeheult“
- Schauspielerin: Stefanie Stappenbeck – „Ich war mit den Nerven fertig“
- Hollywood-Star: Johnny Depp im Interview – „Wir wurden wie Freaks behandelt“
Die Band spielt am 15., 16., 18. und 19. Mai in Dresden. Die insgesamt rund 200.000 Tickets für die „Flutrinne“ waren innerhalb kürzester Zeit fast restlos ausverkauft. Anschließend geht die Konzertreise weiter durch Europa. Vom 11. bis 13. Juli sind drei Konzerte in Frankfurt geplant. In Gelsenkirchen spielt Rammstein gleich fünfmal, zwischen dem 26. und 31. Juli.