Brasilia. In Brasilien wurden steinzeitliche Zeichen entdeckt, die die Frage aufwerfen: Was wussten die frühen Menschen über Dinosaurier?
Die Faszination für Dinosaurier ist offenbar so alt wie die Menschheitsgeschichte. Darauf deuten mysteriöse Felszeichnungen hin, die in Brasilien direkt neben Dinosaurier-Fußabdrücken gefunden worden sind. Diese geritzten oder gekratzten Zeichen befinden sich an einem Ort namens Serrote do Letreiro im brasilianischen Bundesstaat Paraíba.
Die prähistorischen Kunstwerke sind schon seit etwa 50 Jahren bekannt. Doch mittels Drohnenaufnahmen konnten nun weitere solche sogenannten Petroglyphen in der Umgebung entdeckt und deren Verbindung zu den Dino-Spuren hergestellt werden.
Die Nähe zwischen Zeichnungen und Spuren ist nicht zufällig
Eine im Fachmagazin „Nature“ veröffentliche Studie über die geheimnisvolle Verbindung macht zum einen deutlich, dass die Nähe zwischen Zeichnungen und Spuren nicht zufällig ist, sondern von Menschen der Stein- und Bronzezeit bewusst hergestellt wurde, und die Forscher stellen Vermutungen über die Hintergründe an: Am wahrscheinlichsten seien mythologische Rituale.
Der Mitautor der Studie, Leonardo Troiano, ein Archäologe am Institut für Nationales Historisches und Künstlerisches Erbe in Brasilia unterstreicht:. „Es ist ganz klar, dass sie an den Fußabdrücken interessiert waren. Wir werden nie erfahren, ob und was sie über Dinosaurier wussten, aber es ist klar, dass sie sehr interessiert an den Abdrücken waren und sie für sehr bedeutsam hielten.“
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Zeichnungen sind wahrscheinlich zwischen 9400 und 2620 Jahre alt
Laut Radiokohlenstoffdatierungen sind in der Nähe des Fundorts befindliche Grabstätten zwischen 9400 und 2620 Jahre alt. Die Menschen, die dort in dieser Zeit siedelten, „lebten wahrscheinlich in kleinen Gemeinschaften und nutzten natürliche Felsunterkünfte, die in dieser Gegend sehr zahlreich sind“, so Troiano.
Es sei für sie vermutlich extrem aufwändig und Schwerstarbeit gewesen, Zeichnungen in den Fels zu ritzen und zu kratzen. Dass sie es genau an dieser Stelle getan haben und mehrfach in direkter Nachbarschaft zu den Dino-Spuren, sei das stärkste Indiz dafür, dass dies mit Bedacht geschehen ist.
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Zudem gebe es mehrere Zeichnungen mit unterschiedlichen Stilen – geometrische Linien, florale Formen: Das bedeutet, so Troiano, dass mehrere Künstler über die Epochen hinweg am gleichen Ort gearbeitet haben. Auch das unterstreicht die Bedeutung des Platzes für die hier lebenden Menschen.
Entstehung der Zeichnungen in einem rituellen Kontext
Die Spuren in Serrote do Letreiro wurden laut Studie von drei Dinosaurier-Arten hinterlassen: Theropoden, Sauropoden und Ornithopoden. Die Sauropoden gehören zu den größten Pflanzenfressern, die je gelebt haben – ihre Spuren sind gewaltig. Sie sind mit nichts zu vergleichen, was die Menschen der Frühzeit kannten. Das dürfte die Faszination erklären.
Troiano mutmaßt, dass die Entstehung von Petroglyphen einen rituellen Kontext hatten, so wie man das auch von den Höhlenzeichnungen in Europa annimmt: Menschen versammelten sich, nahmen eventuell halluzinogene Drogen und stellten durch Erzählung von sagenhaften Geschichten eine gemeinschaftliche Verbindung her.
Auch in späteren Epochen haben sich die Menschen intensiv mit den Spuren aus der Zeit der Dinosaurier befasst, wie die Wissenschaftshistorikerin Adrienne Mayor von der Stanford University in ihrem Buch „The First Fossil Hunters“ beschrieben hat. Für die Griechen und Römer der Antike waren Fossilien Beweise für die frühere Existenz der Riesen und Monster, die in ihre Mythen Eingang fanden. Und auch in den Sagen der indigenen Völker Nordamerikas spiegeln sich Figuren und Lebewesen wider, die offenbar in engem Zusammenhang mit fossilen Funden stehen. Die in Brasilien entdeckten Felszeichnungen dürften eine frühe Form einer solchen Mythenbildung sein. (ftg)
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