Melbourne. Drei Senioren starben in Australien an einer Pilzvergiftung, nachdem sie zum Lunch eingeladen waren. Nun wurde die Köchin festgenommen.

Hat eine Australierin ihre Ex-Schwiegereltern und ein befreundetes älteres Ehepaar mit Pilzen vergiften wollen? Die Geschichte, die sich wie ein Krimi von Agatha Christie liest, sorgte im August weltweit für Schlagzeilen.

Am Donnerstag wurde die Frau, die das tödliche Mittagessen zubereitete und selbst überlebte, von der australischen Polizei festgenommen. Diese hatte zuvor drei Monate lang ermittelt. Gleichzeitig durchsuchten die Beamten das Haus der Australierin, in dem das tödliche Familienessen am 29. Juli stattfand. Dabei kamen auch spezielle Spürhunde zum Einsatz. Am Abend gab die Polizei schließlich bekannt, dass der 49-Jährigen dreifacher Mord und in fünf Fällen versuchter Mord vorgeworfen wird. Dabei wurden noch Vorfälle aus der Vergangenheit miteinbezogen.

Passiert war das Folgende: Ende Juli waren zwei Paare in Leongatha, einer kleinen Gemeinde im australischen Bundesstaat Victoria zwei Autostunden südöstlich von Melbourne, bei der ehemaligen Schwiegertochter des einen Paares zum Lunch geladen. Erin P. servierte eine Beef Wellington Pie, ein Gericht mit Rinderfilet und Champignons im Blätterteigmantel. Doch bei den Champignons scheint sie sich absichtlich oder unabsichtlich vergriffen zu haben. Denn allem Anschein nach handelte es sich nicht um die harmlose essbare Variante, sondern um eine Mischung der hochgiftigen Knollenblätterpilze.

Beim Essen der vergifteten Beef Wellington Pie kamen drei Senioren ums Leben.
Beim Essen der vergifteten Beef Wellington Pie kamen drei Senioren ums Leben. © iStock | Nelea Reazanteva

Giftige Pilze: Bereits ein kleines Stück kann töten

Vor Letzteren werden Pilzsucher in Australien regelmäßig gewarnt. Die Pilze kommen im Osten Australiens vor und können beim Pilzsammeln – eine wohl recht beliebte Freizeitbeschäftigung in der Region – leicht mit essbaren Pilzen verwechselt werden. Knollenblätterpilze sind für 90 Prozent aller tödlichen Pilzvergiftungen weltweit verantwortlich. Beim Verzehr kann bereits ein kleines Stück einen Erwachsenen töten.

Vergiftungsfälle gibt es immer wieder – 2012 starben zwei Menschen in Canberra, nachdem sie bei einer Silvesterparty Knollenblätterpilze gegessen hatten. Im Jahr 2020 mussten acht Menschen in Victoria nach einer Pilzvergiftung ins Krankenhaus, einer starb. Eine Vergiftung mit den Pilzen beginnt mit Magenbeschwerden. Meist geht es den Betroffenen dann kurzzeitig besser, bis es zu einem Rückfall kommt, bei dem die inneren Organe kollabieren und Leber und Nieren versagen.

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    Köchin beteuerte Unschuld

    In den Tagen nach dem Mittagessen verstarben drei der Gäste – die Eltern des Ex-Mannes von Erin P., Gail und Don Patterson, sowie Gails Schwester Heather Wilkinson. Heathers Ehemann, der Reverend Ian Wilkinson, überlebte und konnte nach langer Behandlung das Krankenhaus inzwischen wieder verlassen. Erin P. überlebte ebenfalls, sie soll sich aber laut einer Erklärung, die sie an die Polizei in Victoria schickte und aus dem der staatliche australische Sender ABC später zitierte, ebenfalls krank gefühlt haben. Auch sie sei im Krankenhaus behandelt worden, behauptete sie in ihrem Statement.

    Die Frau hatte von Anfang an jede Schuld bestritten, sie gilt jedoch allein deswegen schon als tatverdächtig, weil sie das Essen zubereitet hat. Sie selbst behauptet, unschuldig zu sein. Nach ihren Aussagen stammten die Pilze aus einem Supermarkt. Eine weitere getrocknete Variante habe sie in einem asiatischen Geschäft in Melbourne gekauft. Die geballten Todesfälle hatten jedoch die Aufmerksamkeit der Mordkommission auf sich gezogen.

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    Rätsel um einen Dörrautomaten

    Nicht zuletzt soll das Interesse der Ermittler auch durch einen Social-Media-Post vom Juni letzten Jahres geweckt worden sein, in dem der Ex-Ehemann der Tatverdächtigen von „ernsthaften medizinischen Problemen“ berichtete, wie es in der Tageszeitung „Sydney Morning Herald“ hieß. Eine Darmerkrankung soll ihn 16 Tage in ein künstliches Koma katapultiert haben, wobei er sich drei Notoperationen sowie einer weiteren geplanten Operation unterziehen musste. „Meine Familie wurde zwei Mal gebeten, zu kommen und sich von mir zu verabschieden, da man nicht erwartete, dass ich überleben würde“, schrieb Simon Patterson. Eine weitere australische Zeitung, „The Herald Sun“, will zudem erfahren haben, dass dem Mann nach einem Mahl bei seiner Ex-Frau schon häufiger mal schlecht geworden sei.

    Um das Rätsel zu lösen, führte die australische Polizei vor der Festnahme der Köchin forensische Untersuchungen einiger im Haus beschlagnahmter Gegenstände durch. Außerdem untersuchten die Beamten im Rahmen ihrer Ermittlungen eine Mülldeponie in der Nähe. Dort wurde ein Dörrautomat eingesammelt, der unter Umständen bei der Zubereitung des Mahls zum Einsatz gekommen sein könnte. Mit ihm könnten die Pilze getrocknet und haltbar gemacht worden sein. Zusätzlich dazu sollen die Beamten CCTV-Aufnahmen der Mülldeponie untersucht haben, um zu sehen, wer den Dörrapparat wann entsorgt hat.

    Der Fall hatte die Gemeinde Leongatha, wo Erin P. wohnt, und ihre Gäste, die aus dem benachbarten Korumburra stammten, in Aufruhr versetzt. Die älteren Leute waren beliebte Gemeindemitglieder gewesen – und die Trauer in der Gemeinde war dementsprechend groß.